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u40 – junge Schweizer Kunst Was es braucht, um Kunst zu machen

Um optimal produzieren zu können, müssen Künstlerinnen und Künstler materiell minimal abgesichert sein. Aber nicht nur das. Ein Gespräch mit Muda Mathis und Sus Zwick, der Mitbegründerinnen der Ateliergemeinschaft «Via».

Samuel Herzog

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Legende: Lena Eriksson

Samuel Herzog ist freier Autor in den Bereichen Gegenwartskunst und Kulinarik. Seit 2001 ist er Geschäftsführer der Firma HOIO . In Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern diskutiert er für SRF Kultur in einer Reihe von Gesprächen die Themen Kunst im öffentlichen Raum , Zusammenarbeit , Vermittlung und Produktionsbedingungen .

Samuel Herzog: Was muss materiell gegeben sein, damit eine Künstlerin optimal arbeiten kann?

Muda Mathis: Sie braucht einen Job, der zwei bis drei Tage der Woche in Anspruch nimmt und 3500 bis 4500 Franken einbringt.

Sus Zwick: Oder eine entsprechende Förderung in der Gestalt von Stipendien, Produktionsgeldern etc.

Spielt nicht auch der Kunstmarkt eine wichtige Rolle?

Muda Mathis: Ja, wenn die Künstlerin ein entsprechendes Werk entwickelt, dann ist auch der Kunstmarkt eine Einnahmequelle. Doch gerade mit Video- und Performancekunst lässt sich tatsächlich nur bescheiden Geld machen.

Abgesehen vom Geld, was ist noch wichtig?

Muda Mathis: Nun, die meisten Künstlerinnen brauchen heute einfach noch einen Computer mit Internet-Anschluss. Und einen Ort, wo sie sich hinsetzen können.

Sus Zwick: Da sind die Bedürfnisse aber schon sehr unterschiedlich. Einige fühlen sich am wohlsten, wenn sie einfach an ihrem Küchentisch sitzen können. Andere brauchen ein grosses Atelier für sich ganz allein. Dritte einen Ort, wo sie sich mit anderen austauschen können.

Eine Atmosphäre?

Muda Mathis: Genau. Bei einigen Künstlern gärt es vor allem im Kopf. Andere entwickeln ihre Arbeit, während sie mit den Händen etwas tun, zeichnen, schreiben, malen, formen. Einige brauchen aber auch die Gruppe, sie brauchen ein Umfeld, die Gegenwart von Gleichgesinnten, den Austausch.

Muda Mathis und Sus Zwick

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Muda Mathis wurde 1959, Sus Zwick 1950 geboren. Beide leben in Basel. Sie arbeiten in verschiedenen Formationen in den Bereichen Performance, Video, Installation und Musik. Sie sind Mitglieder der Performanceband «Les Reines Prochaines» und der Produktionsgenossenschaft «VIA AudioVideoKunst» in Basel.

Die Ateliergemeinschaft «Via» in Basel ist so ein Ort des Austauschs. Sie gehörten vor dreissig Jahren zu den Gründungsmitgliedern der Via. Ging es von Beginn an um diesen Austausch?

Sus Zwick: Nein, die Gründung der Via hatte ganz materielle Gründe. Damals war das Equipment für die Produktion von Videos so teuer, dass man sich das als junge Künstlerin gar nicht leisten konnte. Ein Schnittplatz kostete tausende von Franken. Also haben wir uns das zusammen angeschafft.

Heute ist das aber anders, heute kann man Videos ja mit dem Mobiltelefon aufnehmen, schneiden und in die Welt hinaussenden.

Muda Mathis: Stimmt. Aber wir haben bald gemerkt, dass man gemeinsam zum Beispiel auch geeignetere Räume mieten kann. Räume, die auch eine gewisse Grösse haben, wo man Studioaufnahmen realisieren kann.

Sus Zwick: Und man kann sich ganz spezifische Dinge anschaffen, die man sich als einzelne Künstlerin wohl nicht leisten würde, einfach weil man sie zu selten braucht. Wenn man das aber teilen kann, dann macht das Sinn.

Das Projekt «u40»

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Wie arbeiten Künstler unter 40 in der Schweiz? Wovon und wofür leben sie? Das Projekt u40 der Sternstunde Kunst gibt in zwei Dokumentarfilmen während 5 Jahren Einblick in das Leben und Werk von 5 jungen Schweizer Künstlerinnen und Künstlern.

Was meinen Sie damit genau?

Sus Zwick: Das kann ganz Verschiedenes sein. In unserem Fall sind das Mischpulte, professionelle Stative, Bildschirme jeder Art, Scheinwerfer, gute Mikrofone, Requisiten, Installations-Materialien, Kabel ohne Ende.

Was ist denn der Vorteil von so viel materiellem Komfort?

Sus Zwick: Man kann vieles einfach mal ausprobieren – ohne erst Geld auszugeben.

Muda Mathis: Ohne ein solches Umfeld wäre es viel schwieriger, Ideen auch materiell, visuell, medial auszuprobieren.

Nun geht es in der Via aber nicht nur um Material?

Muda Mathis: Fast ebenso wichtig ist auch der Wissenstransfer, der Austausch von Know-how. Verschiedene Menschen haben unterschiedliche Talente. Manche sind pfiffig im Umgang mit Computern und kennen sich bei bestimmten Programmen sehr gut aus. Andere sind gut darin, Dinge zu formulieren – Eingaben etwa oder Texte für Ausstellungen.

Die Ateliergemeinschaft ist ein erstes kritisches Publikum.

Lena Eriksson (Illustrationen)

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Legende: Lena Eriksson

Lena Eriksson ist Künstlerin. Ihre Zeichnungen verstehen sich als Dokumente aus einem Künstlerinnenleben. Die hier gezeigten Bilder sind Teil eines Archivs, das sowohl aus ihrem Privatleben und Alltag erzählt, als auch von speziellen Momenten auf Reisen, Veranstaltungen, Kunst oder politischen Ereignissen gespiesen wird.

Sus Zwick: Ausserdem kann man schon in der Anfangsphase eines Projekts ein Feedback bekommen, sich austauschen. Das führt im Idealfall dazu, dass man gewisse Prozesse abkürzen kann. Die Ateliergemeinschaft ist ein erstes kritisches Publikum.

Ist man nicht auch einfach weniger einsam?

Muda Mathis: Schon, ja. Aber das Teilen und Mitteilen ist gar nicht so einfach. Man muss sich immer wieder ein bisschen überwinden, um etwas zu zeigen – auch wenn man das schon jahrelang praktiziert.

Sus Zwick: Und es braucht auch immer das Gegenteil. Es braucht Orte der Ruhe und Konzentration. Man muss sich irgendwohin zurückziehen können. Auch da muss man sich manchmal ein wenig zwingen. Denn so eine Ateliergemeinschaft ist schon ein Bienenhaus. Man kann sich da gut ablenken lassen.

Was braucht es denn jenseits des Ateliers oder der Gemeinschaft noch, damit Künstlerinnen optimal produzieren können?

Muda Mathis: Es braucht auch eine Öffentlichkeit, die das künstlerische Tun rezipiert. Das heisst, es braucht Orte, wo man einem Publikum zeigen kann, was man tut. Ohne diese Fenster zur Welt macht künstlerische Arbeit keinen Sinn.

Das Gespräch führte Samuel Herzog. Es ist Teil einer Gesprächsreihe zum heutigen Kunstschaffen, die von Sabine Gebhardt Fink, Professorin an der Hochschule Luzern – Design & Kunst, kuratiert wurde.

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