Der christliche Weihnachtsbaumbrauch entstand im 16. Jahrhundert im Elsass und in der Region um Basel und Freiburg. Aber auch andernorts ist der Baum Teil von Traditionen und Mythologien.
Denn: Bäume sind mehr als nur Schattenspender, Obst- und Holzlieferanten, CO₂-Speicher oder Klettergerüst für Kinder. Die Ausstellung «Baum des Lebens» beschäftigt sich mit der Bedeutung des Baumes für die Menschheit.
«Bäume haben unser Weltverständnis, Religionen und Denksysteme inspiriert», sagt Kuratorin Ursula Regehr. Aus dem Baum gehe die Welt, das Leben hervor. Er sei ein zentrales Symbol für das Leben, die Welt, den Kosmos, die Gemeinschaft und ihre Werte.
Die Ausstellung in Basel zeigt anhand von Objekten, Bildern, Erzählungen, Festen und Ritualen, dass Bäume mächtige Protagonisten von Mythen und Geschichten sind.
Tubabaum, Pipalbaum, Ceiba
Da wäre etwa die Entstehungsgeschichte der Welt der indigenen Volksgruppe der Ngaju auf Borneo: «Als der Gott der Oberwelt und die Göttin der Unterwelt – repräsentiert durch die Wasserschlange – sich begegneten, entstand dieser Lebensbaum», erläutert Kuratorin Ursula Regehr.
Auf dem Lebensbaum liessen sich zwei Nashornvögel nieder. «Die beiden begannen einen heiligen Streit und aus diesem Streit entstand die Welt, Sonne und Mond, Mann und Frau, dunkel und hell, Glück und Unglück».
Quelle des Lebens
«Bäume haben für uns Menschen eine existenzielle Bedeutung», sagt die Kuratorin. So auch der Tubabaum im Islam. Er steht für das Gute und Erstrebenswerte und repräsentiert die kosmische Ordnung. In der Ausstellung ist ein Tubabaum aus Afghanistan zu sehen, herausgeschnitten aus Konservendosen.
Ein Steinrelief wiederum zeigt den Pipalbaum aus dem Buddhismus. Unter ihm soll Siddhartha Gautama lange Zeit meditiert haben, bis er Erleuchtung fand. Ein weiteres Beispiel ist die Ceiba, der Weltenbaum der Maya, der die Mittelwelt mit der Unter- und Oberwelt verbindet. Er ist in der Ausstellung auf einer Frauenbluse aus Guatemala abgebildet.
Bäume im Dialog
Natürlich ist auch der Christbaum in der Ausstellung vertreten. Er entstammt ursprünglich einer heidnischen Tradition, erklärt Ursula Regehr. Die Tanne oder die Kiefer wurden schon lange als heilige Bäume betrachtet.
«Bereits im Mittelalter oder noch früher gingen Bauern oder Mitglieder der ländlichen Gesellschaften Mitteleuropas in die Wälder und holten zum Fest der Wintersonnenwende am 21. Dezember Zweige von immergrünen Bäumen ins Haus», sagt Regehr. Das sollte die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr des Frühlings stärken.
Später wurde der Tannenbaum bekanntlich Teil des christlichen Weihnachtsfests. Er verbreitete sich um die Welt und hat sich mit aussereuropäischen Traditionen verbunden: «Im 19. Jahrhundert beispielsweise nahmen Kaiser Maximilian und seine Frau Carlotta den Weihnachtsbaum mit nach Mexiko, und dort wurde die Idee des Weihnachtsbaumes mit der Idee des indigenen kosmischen Baumes verschmolzen», erzählt Regehr.
Mit seinen Baumgeschichten zeigt das Museum auf, wie ein Symbol an ganz unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten auftaucht. Wie es ähnlich und doch ganz vielfältig interpretiert wird. Die kleine Ausstellung beleuchtet diese Geschichten und Sichtweisen – im Dialog.