Beim Teutates! Asterix und Obelix feiern ihren 60. Geburtstag. Am 29. Oktober 1959 hat man das ungleiche Paar für das Jugend-Magazin «Pilote» zum ersten Mal durch französische Druckwalzen gepresst.
Heute gehören die beiden Gallier mit Hund und Freunden zu den bekanntesten und beliebtesten Comic-Figuren Europas – mit 38 eigenen Bänden und Millionenauflage in unzähligen Sprachen. Bis sie aber so gross wurden, mussten sie einiges über sich ergehen lassen.
Ein neuer Markt für Comics
Eine Kinderkrankheit, die Asterix und Obelix überstanden haben, heisst Rolf Kauka. Der Verleger aus Markranstädt in Sachsen entdeckte Anfang der 1950er-Jahre den Markt mit Comics. Seine Zugpferde waren «Fix und Foxi», die er für sein eigenes Comicheft «Lupo modern» kreiert hatte.
In der deutschsprachigen Welt steckte der Comic zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen. Kauka erhoffte sich aber mit seinen Füchsen auf der Erfolgswelle von Walt Disney, seinem grossen Vorbild, mitreiten zu können.
Neben seinen eigenen Figuren kaufte sich Kauka Lizenzen verschiedener Comic-Geschichten aus dem frankophonen und spanischsprachigen Raum ein. Und so übernahm er 1965 auch die Figuren von Albert Uderzo und René Goscinny, um ihnen in seinem Comicheft ein zweites Zuhause zu bieten.
Germanen im Kampf gegen Amerikaner und Russen
«Asterix war einfach ein Held unter vielen in Kaukas Heftchen», sagt Cuno Affolter. Er ist Comic-Experte und arbeitet als Konservator im Comic-Zentrum der Stadt Lausanne, der zweitgrössten Comic-Sammlung Europas.
So fiel zuerst nicht weiter auf, was Kauka aus Asterix und Obelix in seinen Heften machte: Er übertrug sie nicht einfach ins Deutsche, sondern erzog die beiden Gallier in einer nationalistisch deutschen Schule.
In der 6. Ausgabe von «Lupo modern» im März 1965 wurde aus den beiden Galliern «Asterix» und «Obelix» die beiden Germanen «Siggi» und «Babarras», deren Land von fremden Mächten umzingelt wurde.
Die Römer blieben dabei zwar Römer, doch aus ihren Mündern stiegen Sprechblasen in angloamerikanischem Akzent hervor.
An den Geschichten wurde die politisch rechte Gesinnung Kaukas klar erkennbar: antiamerikanisch, antikommunistisch und nationalistisch. Hinzu kommen judenfeindliche Witze, die sich in den Geschichten von «Siggi» und «Babarras» wiederfinden.
Holprig und hastig übersetzt
Neben dem inhaltlichen Eingriff in die Geschichten waren die Übersetzungen auch sonst denkbar schlecht. «Sie zeugen nicht von einer Leidenschaft für Comics, sondern repräsentieren den Geschäftssinn Kaukas», kommentiert Affolter. Einen Respekt vor einer Comic-Kunst hätte es da nicht gegeben.
«Die Redaktionen machten diese Übersetzungen in einer Unbedarftheit», ergänzt er.
Asterix sei auch nicht der einzige gewesen, der von Kauka und seinem Verlag verhunzt worden sei. Ein weiteres Beispiel dafür ist «Gaston», dem Kauka in freizügiger Übersetzung ein Stottern andichtete.
«Politische Bildung für die Kleinen»
Die Geschichten rund um die Gallier reflektieren, auch in ihren Originalfassungen, politische Machtverhältnisse.
«Kauka passte in seiner nationalistischen Gesinnung die Übersetzung an die politische Situation des Kalten Krieges an», sagt Affolter: «Zu jener Zeit haben leider viele Leute in Deutschland so gedacht.» Das Gedankengut der NS-Zeit hätte sich mit Kriegsende ja nicht in Luft aufgelöst.
Zwar muss nicht hinter allen Geschichten, die der Verleger Kauka herausgebrachte, ein politische rechtes Sendungsbewusstsein vermutet werden. Doch einem Satiremagazin fiel die «Politische Bildung für die Kleinen» auf, wie es 1965 titelte.
Daraufhin stellten die Väter von Asterix, Goscinny und Uderzo, sicher, dass Kauka keine weiteren Lizenzen mehr ergattern konnte. Nach nur einem Jahr «Siggi und Babarras» war für Kauka Schluss.
Die Gallier werden erwachsen
1967 nahm sich dann die Übersetzerin Gudrun Penndorf für den Ehapa-Verlag der Comic-Figuren an. Ihr sind auch viele Personennamen im gallischen Dorf oder berühmte Sätze wie «Die spinnen, die Römer» zu verdanken.
Durch die Romanistin Penndorf sind die beiden Gallier auch im deutschen Sprachraum erwachsen geworden. Das aber nur unter strenger Aufsicht von Goscinny. Der liess jeden deutschen Satz ins Französische rückübersetzen. Die freie Hand Kaukas hat ihn geprägt.
In Rente gehen die beiden Gallier mit Hund und vielen Freunden wohl noch lange nicht. Um sie ist eine ganze Industrie entstanden, die weiterhin mit aktuellem Futter gepflegt wird.