Medizin und Wissenschaft stehen vor einem Rätsel: Überall auf der Welt häufen sich unerklärliche Todesfälle. Ganze Dörfer sterben aus, und die Autopsien der Leichen liefern keine Antworten.
Esoterisch angehauchte Theorien
Zur selben Zeit untersucht der exzentrische Wissenschaftler Richard Frawley in einem schwedischen Naturschutzgebiet die DNA der Bäume. Professor Frawley ist nicht nur davon überzeugt, dass die Bäume miteinander kommunizieren. Er glaubt auch, dass in ihrer DNA die Geschichte unseres Planeten abgespeichert ist.
Das verleihe den Bäumen grosse Macht, sagt Frawley. Denn so können sie auch den Giftgrad ihrer Emissionen steuern. Der Umweltaktivist Theodor, der neu ins Team stösst, steht diesen esoterisch angehauchten Theorien anfänglich skeptisch gegenüber. Oder ist da doch was dran?
Zwischen Kindercomics und Ökothrillern
Auf Französisch veröffentlicht wurde «The End» bereits 2018: Trotz der seuchenartigen Todesfälle ist «The End» also kein Corona-Thriller, sondern eine Öko-Dystopie, wie sie Zep seit einigen Jahren gerne erzählt.
Bekannt wurde der Genfer Comiczeichner Zep (eigentlich: Philippe Chapuis) mit Comics für Kinder: Seine Figur «Titeuf», ein vorlauter und frecher Schulbub mit blonder Tolle, war in Frankreich jahrelang noch populärer und erfolgreicher als Asterix – allein in Frankreich verkauften sich die «Titeuf»-Bände über 20 Millionen Mal, dazu kamen Fernsehserien und ein Kinofilm.
Ökologische Themen haben Zep schon immer beschäftigt: In seiner Jugend zeichnete er Plakate und Flyer für Umweltorganisationen. Sogar in «Titeuf» streifte er mit krassem Humor ökologische Themen.
Das geheime Leben der Bäume
In «The End» wendet sich Zep jedoch nicht an Kinder, sondern an Jugendliche und Erwachsene: Schliesslich geht es da um nichts weniger als um die drohende Auslöschung des Menschen.
«The End» ist allerdings keine plumpe Klimakatastrophen-Dystopie, wie sie derzeit in der populären Kultur allgegenwärtig ist. Zep ist deutlich origineller: Er inszeniert die Natur nicht ausschliesslich als Opfer der Menschen, sondern als Organismus, der in der Lage ist, selbst für sein Überleben zu sorgen – und notfalls die Notbremse zu ziehen.
Alsbald häufen sich die Zeichen einer nahenden Katastrophe: In den Wäldern wuchern giftige Pilze, und die Wildtiere verhalten sich unnatürlich. Doch bevor Professor Frawley und Theodor die Botschaften der Bäume richtig interpretieren, löschen sie mit ihren giftigen Emissionen einen Grossteil der Menschheit aus.
Schwarze Seiten
Dieser Moment ist eindrücklich eingefangen: Theodor ist der einzige überlebende Mitarbeiter Frawleys. Er klickt im Internet die Webcams grosser Metropolen an – und sieht überall Leichen in den Strassen.
Dann wird der Comic schwarz, ein paar Seiten lang; die Schwärze ist lediglich mit einzelnen Textblasen durchsetzt.
Zep widersteht der Versuchung, die Katastrophe als überwältigendes Action-Spektakel zu inszenieren. Auch zeichnerisch bleibt er mit seinem ruhigen und stilisierten Strich und einer subtilen Farbgebung zurückhaltend und schafft Raum für die Reflexion des Geschehens.
Auf der Suche nach Überlebenden
Allerdings kommt das Ende zu rasch und zu gerafft, um zu überzeugen: Die Wirkung der Apokalypse auf Theodor wird kaum angesprochen, er nimmt sie geradezu als selbstverständlich hin. Auch seine Odyssee auf der Suche nach anderen Überlebenden wird auf wenigen Seiten abgehandelt.
«The End» ist klug, originell und wirft ausgesprochen interessante Fragen auf – doch leider reichen die 90 Seiten nicht, um den komplexen Stoff adäquat umzusetzen. Das ist schade. Mit mehr Platz zum Erzählen und mehr Vertiefung hätte Zep aus dem Ende der menschlichen Zivilisation einen wirklich packenden Comic machen können.