200 Seiten «Ich»: Das sind die «Trump-Tagebücher» in wenigen Worten. In Buchform veröffentlicht hat sie ein anonymer Whistleblower, der sich als «Diener des Volkes» versteht und nun, zum Ende von Trumps Präsidentschaft, einen grossen Coup landet. Denn die Tagebücher enthalten neben Trumpscher Selbstreflektion auch private Briefwechsel.
Schon der erste Brief ist ein Knaller: Trumps Vater Fred beschreibt darin im Jahre 1967 Donald gegenüber einer Freundin: «Seine Selbstverliebtheit überschreitet jedes mir bekannte Mass, obwohl in seinem Fall nicht der geringste Grund für Selbstverliebtheit vorliegt.»
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Bild 1 von 5. Am 30.11.1983 wollte Donald Trump seinen Trump-Tower in Manhattan mit möglichst grossem Gepränge eröffnen und liess dazu auch Charles Chaplin einladen. Er reagierte erbost auf den Brief von Chaplins Tochter Geraldine: «Hält sich für etwas Besseres, obwohl sie nur in Heulsusen-Filmen mitgespielt hat.». Bildquelle: Hoffmann und Campe.
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Bild 2 von 5. Im Herbst 1967 äusserte sich Vater Fred Trump besorgt über seinen Sohn. Donald antwortete in seinem Tagebuch: «Der zahnlose Alte lebt immer noch in der Ära, in der man Geld in Sparstrümpfe gesteckt hat. FRED DAGOBERT DUCK. Und ich bin der arme Donald.». Bildquelle: Hoffmann und Campe.
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Bild 3 von 5. Ende Juni 2020 wurden Trumps politische Eskapaden sogar seinem Vizepräsidenten Mike Pence zu viel. Er wandte sich in einem vertraulichen Schreiben an einen Freund. Dieser Brief wurde Trump zugespielt, der daraufhin als Druckmittel gegen Pence verwendete. Bildquelle: Hoffmann und Campe.
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Bild 4 von 5. In einem Tweet am 1.7.2020 bezeichnete Trump den Schriftzug «Black Lives Matter» als «Symbol des Hasses», worauf er von Steve Howard, dem «Imperial Wizard» des Ku-Klux-Klans gelobt wurde. Trump schrieb daraufhin an Howard: «Gemeinsam werden wir ein Land schaffen, wie es die Welt noch nie gesehen hat.». Bildquelle: Hoffmann und Campe.
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Bild 5 von 5. Als Trump 20 war, bat er den Astronauten Neil Armstrong die Worte «Donald was here» in den Mondstaub zu schreiben. In diesem Brief lehnte Armstrong das ab, worauf Trump in sein Tagebuch schrieb: «Ich hoffe, dass er mit seiner Drecksrakete abstürzt.». Bildquelle: Hoffmann und Campe.
Donald Trump sehnt sich nach Anerkennung
Trumps Tagebücher sind Belege der Gier nach Reichtum und gesellschaftlicher Anerkennung. Zeugnisse einer Persönlichkeit, die weder Zweifel kennt noch die Fähigkeit besitzt, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
Läuft etwas nicht zu seinen Gunsten, kontert er mit Aggression oder Beschimpfungen: so zum Beispiel gegenüber Alfred Hitchcock, Neil Armstrong, Cindy Crawford, Osama bin Laden oder Mutter Theresa. Prominenz, die sich von Trumps Geltungssucht nicht einlullen lässt, sondern auch ordentlich austeilt.
Trump streitet mit Martin Scorsese
So zum Beispiel Vladimir Nabokov, den Trump für die Verfassung seiner Memoiren gewinnen will. Dies lehnt Nabokov mit dem Hinweis ab, er beobachte lieber «hochentwickelte Lebewesen aus dem Schmetterlingsreich als die Missgeburten der amerikanischen Mittelschicht.»
Oder Regie-Ikone Martin Scorsese, der auf Trumps Idee, sein Leben zu verfilmen, antwortet: «Wenn ich die Absicht hätte, Ihr Leben zu verfilmen, würde ich die Hauptrolle mit Fozzie-Bär aus der Sesamstrasse besetzen.»
Das Buch lügt wie gedruckt
Kann das alles wahr sein? Sind diese Briefe und Tagebucheinträge echt? Oder ist dieser anonyme Whistleblower ein Scherzkeks, der sich über Trump und den Trumpismus lustig machen will?
Natürlich ist alles erfunden: sowohl das Tagebuch als auch die Briefe, die perfekt gefälscht sind.
Dieses Buch lügt so gedruckt wie sonst nur Trump selbst. Es überhöht, zeichnet einen bizarren Charakter und bedient sich der gleichen Methode, mit der Trump Politik macht: Lügen, Täuschen und Fälschen. Sie sind ein witziges Produkt aus der von Trump geschaffenen Welt der alternativen Fakten.
Das Lachen bleibt im Hals stecken
Doch je näher die Tagebucheinträge und Briefe an die Gegenwart rücken, umso mehr bleibt einem das Lachen im Halse stecken. So wie bei Trumps Tagebucheintrag vom 20. August 2020: «Ohne einen atomaren Erstschlag werde ich NICHT AUS DEM AMT SCHEIDEN!!».
Ist das noch Satire? Oder überbietet der reale Donald Trump inzwischen nicht schon jegliche Fantasie? Die Bilder von der Erstürmung des Kapitols durch Trump-Anhänger sprechen für Letzteres.
Eigentlich lustig, aber...
Dazu passt ein vermeintlicher Brief von Vizepräsident Mike Pence, in dem er sein Bild von Donald Trump offenbart: «Er ist […] ein twitternder Schandfleck auf unserer stolzen Flagge […] manchmal habe ich schon daran gedacht, zum Feind überzulaufen und Asyl in Nordkorea zu beantragen!»
Das alles ist sehr lustig. Wenn es nur nicht so ernst wäre.