Zum Inhalt springen
Audio
Buch: Oscar-Glamour auf dem roten Teppich
Aus Kultur-Aktualität vom 10.03.2023. Bild: Getty / Ron Davis / Kontributor
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 42 Sekunden.

Film und Fashion Laufsteg Oscarshow: Wo Fummel für Furore sorgen

Bei den Oscars buhlen die Stars mit ihren Kleidern um Aufmerksamkeit. Was verraten sie über Zeitgeist und Filmindustrie? Ein Blick in die Fashiongeschichte der Academy Awards.

Die Oscarverleihungen begannen als intimes Dinner 1929. Es sollte die Beziehungspflege innerhalb der Filmbranche verbessern. Bereits damals gab die Robe zu reden.

Als beste Schauspielerin wurde Janet Gaynor für gleich drei Filme ausgezeichnet. Doch sie hatte sich für den Anlass inmitten der pelz- und diamantenbewehrten Anwesenden schlicht zu schlicht gekleidet.

Eine junge Frau, flankiert von zwei in Anzug gekleideten Männern, blickt liebreizend am Betrachter vorbei.
Legende: Schick genug? Im Musicalfilm «Sunnyside Up» gefällt Janet Gaynor Charles Farrell (li.) und Alan Paull. Bei der Oscar-Gala fiel sie mit ihrer Bekleidung glatt durch. IMAGO / 20th Century Fox Film Corp / Everett Collection

Im zweiten Jahr kam es besser: Da rührte Schauspielerin Mary Pickford mächtig die Werbetrommel für den neuen Preis. Sie lud sogar zu einem Wettbewerb, bei dem man ein Kostüm aus ihren Filmen gewinnen konnte. Ob dies alles den Glamourfaktor der Academy Awards begründete?

Kleider machen Filme – und Filmstars

«Mode als Kommunikationsmedium ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil der Filmsprache», schreibt die australische Modejournalistin Dijanna Mulhearn in ihrem Buch «Oscars. Glamour auf dem Roten Teppich».

Eine Aufnahme aus den 1950-er Jahren, auf der man einen mit Lichtern ausgestrahlten  Kinoeingang sieht.
Legende: Academy Awards, 1953: Zwischen 1950 und 1960 war das Pantages Theatre in Hollywood Veranstaltungsort der jährlichen Oscar-Verleihung. IMAGO / Picturelux

«Ein erfolgreicher Auftritt auf dem roten Teppich kann Akteurinnen und Akteuren Superstar-Status einbringen, den Namen eines Modelabels weltberühmt machen, und die nächste begehrenswerte Filmrolle einbringen.»

Die Geschichte der Oscar-Mode

Dabei streift Mulhearn alle Oscarverleihungen bis 2022: Sie greift einzelne Momente heraus und verbindet sie mit den Ereignissen des jeweiligen Jahres und der Entwicklung der Filmindustrie. Fotos der Stars illustrieren ihre Beobachtungen.

Dabei wird klar: Erst trugen die Schauspielerinnen und Schauspieler, was sie besassen. Dann sprangen die Hollywood-Kostümbildnerinnen und -bildner in die Bresche, bis Modedesignerinnen und -designer sie ablösten.

Junge Frau in schlichtem Kleid nimmt von einem Mann in Frack eine Trophäe entgegen.
Legende: Sich kleiden heisst protestieren: Dieser Devise folgte Bette Davis. Passend zu ihrem preisgekrönten Film «Housewife» trug sie bei der Oscar-Verleihung 1936 ein Haushaltskleid. IMAGO / Cinema Publishers Collection

Die Verleihung der begehrten Trophäe war früh auch ein Ort des Protestes. So fühlte sich 1935 Bette Davis von den mächtigen Studiobossen übergangen. Als sie im Folgejahr doch ausgezeichnet wurde, trug sie demonstrativ ein Kleid aus ihrem Film «Housewife». Wie eine Hausangestellte wollte sie inmitten des ganzen Pomps aussehen. 

Eine korpulente Frau in Abendrobe nimmt von einer Frau in Pelzmantel eine Trophäe entgegen. Sie lächelt.
Legende: 1940 bekam Hattie McDaniels den Oscar für ihre Nebenrolle als Mammy im Südstaatenepos «Vom Winde verweht». Hollywood wollte ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen, bekräftigte damit jedoch bloss ein Klischee. IMAGO / Everett Collection

1940 wurde die erste afroamerikanische Schauspielerin Hattie McDaniel mit dem Oscar ausgezeichnet. Obwohl elegant gekleidet, musste sie die Preisverleihung durch den Nebeneingang betreten. Dass People of Colour bei der Vergabe der Goldmännchen oft übergangen werden, ist seit dem Hashtag #OscarsSoWhite von 2016 bis heute Thema.

Ein roter Teppich für die Selbstinszenierung

Doch zurück: Mit der ersten Oscarverleihung, die ab 1953 im Fernsehen übertragen wurde, gewann die Abendgarderobe nochmals an Bedeutung. Als 1961 erstmals der rote Teppich ausgerollt wurde, war eine weitere Bühne gegeben.

Jetzt hatten alle Geladenen die Möglichkeit zur Inszenierung: «Der rote Teppich der Oscar-Verleihungen scheint mir seit jeher der Ort zu sein, an dem Mode, bildende Kunst und Theater sich überschneiden», schreibt die Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett im Buch.

Ein Kleid ist ein Kleid ist ein Statement

Die Glamourmode bei der Verleihung ist immer auch zeitgeschichtlicher Kommentar. Besonders ikonisch war das Jahr 2001: Julia Roberts erschien in einem Vintage-Kleid von Valentino und holte die Nachhaltigkeitsdebatte in die Luxusmode.

Gleichzeitig schritt Björk im skulpturalen Schwanenkleid über den Teppich und legte dabei ein Ei. Kunst verschmolz mit Popkultur.

Ein Mann steht auf einem roten Teppich. Er trägt eine Abendrobe, bestehend aus einem Smoking-Oberteil und einem Rock.
Legende: Ein echter Hingucker in Sachen Herrenmode: Schauspieler Billy Porter in seinem faszinierenden Frack, der unten zur femininen Robe wird. KEYSTONE / EPA / ETIENNE LAURENT

Und die Männermode? Die war jahrelang kaum erwähnenswert. Bis Schauspieler Billy Porter 2019 einen Knalleffekt setzte: Mit einer Kreation von Christian Siriano, oben männlicher Frack, unten weibliche Robe. Jetzt war auch die Geschlechterdebatte bei den Oscars auf dem roten Teppich angekommen.

Buchhinweis

Box aufklappen Box zuklappen

Dijanna Mulhearn: «Oscars. Glamour auf dem Roten Teppich. Eine Fashiongeschichte der Academy-Awards», Prestel 2023.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 10.3.2023, 8:06 Uhr

Meistgelesene Artikel