Der Jahrhundertroman
Tipp von Schriftsteller Aleš Šteger: «Leserinnen und Lesern aus der Schweiz empfehle ich als Einstieg in die slowenische Literatur die autobiographische Romantrilogie ‹Die Zugereisten› unseres grossen Prosaautors Lojze Kovačič, der 2004 verstorben ist. Er gilt als der slowenische Marcel Proust. Seine Muttersprache war Schweizerdeutsch, er stammte aus Basel und gelangte während des Zweiten Weltkriegs nach Slowenien, wo er unter grossen Schwierigkeiten aufwuchs. ‹Die Zugereisten› ist absolut fesselnd – ein Jahrhundertwerk.»
Erkundungen der slowenischen Mentalität
Tipp der Übersetzerin Amalija Maček: «Wer die slowenische Seele verstehen möchte, greift am besten zu Autorinnen und Autoren der slowenischen Minderheit im österreichischen Kärnten. Besonders empfehlenswert sind die Werke von Florjan Lipuš, etwa ‹Boštjans Flug› über eine von Verlust geprägte Kindheit in Slowenien und die heilende Kraft der Liebe. Lipuš’ unverstellter Blick von jenseits der Grenze zeigt eindringlich, was Sloweninnen und Slowenen im Innern umtreibt.»
Der Geheimtipp
Tipp von Literaturkritikerin Tanja Petrič: «Mojca Kumerdej zählt für mich zu den besten zeitgenössischen slowenischen Autorinnen. In ihrem Erzählband ‹Unter die Oberfläche› dringt sie mit feinem psychologischem Gespür tief in die Innenwelt ihrer Figuren vor. Auch Beängstigendes stellt Mojca Kumerdej erschreckend plastisch dar, oft auch mit Ironie und schwarzem Humor. Die Erzählungen überzeugen durch dramaturgisch geschickt gesteigerte Spannungsbögen sowie überraschende Wendungen.»
Slowenische Minderheiten im Ausland
Tipp von Schriftstellerin Miljana Cunta: «Meine Empfehlung ist der Roman ‹Engel des Vergessens› der Kärntner Slowenin Maja Haderlap, die auf Deutsch und auf Slowenisch schreibt. Das Buch macht das Los der slowenischen Minderheit in Österreich zum Thema, die dort nach dem Zweiten Weltkrieg anhaltenden Anfeindungen ausgesetzt ist. Maja Haderlap verarbeitet teilweise ihre slowenische Familiengeschichte. Mich fasziniert die sprachliche Klarheit, mit der die Autorin ein emotional belastetes Stück Historie greifbar macht, das eng mit Slowenien verbunden ist.»
Der etwas andere Reiseführer
Tipp von Buchmesse-Direktor Juergen Boos: «Wer mehr wissen möchte über Kultur, Land und Leute Sloweniens und dies mit literarischem Genuss verbinden will, liest die ‹Gebrauchsanweisung für Slowenien› von Aleš Šteger. Das Buch ist ein Reiseführer der anderen Art: voller Humor und Liebe zum Detail. Wussten Sie zum Beispiel, dass Sloweninnen und Slowenen nicht auf Slowenisch fluchen, sondern dies bevorzugt mit Lehnwörtern aus dem Serbokroatischen oder Englischen tun?»
Die Bilderbuchperle
Tipp von der slowenischen Literaturförderin Katja Stergar: «Wer – wie ich – Kinderbücher liebt, nimmt ‹Der Besuch› der beiden Sloweninnen Gaja Kos und Ana Zavadlav zur Hand. Das Buch erzählt mit viel Sprachwitz und bunten Illustrationen die Geschichte einer Freundschaft zwischen einem Faultier und einem Tapir, die eigentlich nicht möglich ist, die sich aber doch erfüllen kann, wenn beide es wollen. In diesem erfrischenden Bilderbuch findet sich kaum typisch Slowenisches, dafür umso mehr von den Gefühlen, die Kinder rund um den Globus bewegen.»