Was zeichnet eine Freundschaft aus? Für Franz Hohler sind es die Begegnungen mit Menschen, die ihn beeinflussen und darum von Bedeutung sind. Das kann auch ein einmaliges Aufeinandertreffen sein. So wie mit dem Schriftsteller Elias Canetti.
Franz Hohler begegnete Canetti zufällig auf einer Zugfahrt von Bellinzona nach Zürich. Er stellte sich dem späteren Nobelpreisträger vor und es begann ein lebhaftes Gespräch, das – nur kurz vom Minibar-Wagen unterbrochen – bis Zürich anhalten sollte.
An diese Begegnung erinnerte sich Franz Hohler noch Jahre später und hielt sie in einem Kurztext fest. Die Erzählung reiht sich ein neben mehr als sechzig weiteren Erinnerungen, Porträts und Lobeshymnen, die im Band «Franz Hohler & friends» versammelt sind.
Eine Bande von Kunstschaffenden
Hohlers Texte über Freundinnen und Wegbegleiter sind im Verlauf der letzten rund 50 Jahre entstanden. Oft sind es Kunstschaffende, deren Leben und Werk Franz Hohler auf sehr persönliche Weise skizziert.
1970 porträtierte er Emil Steinberger für einen Plattenumschlag. Der Clownin Gardi Hutter widmete Hohler 1985 ein Gedicht. Für Peter Bichsel und Adolf Muschg schrieb er Festreden zu den jeweiligen Geburtstagen. Und für das Kabarett-Duo Ursus & Nadeschkin hielt er 2008 die Laudatio an einer Preisverleihung.
Anekdotische Schmankerl
Franz Hohler schildert charmante Details aus den Begegnungen mit den Gefährten, die er ins Herz geschlossen hat. Sie vermitteln einen Eindruck vom Wesen all dieser unterschiedlichen Menschen.
Das gilt auch für die weniger bekannten Personen, denen Hohler einen Text gewidmet hat, etwa einem ehemaligen Lehrer und Wandergefährten. Die Trauerrede für diesen Freund ist rührend und gespickt mit sehr persönlichen Erinnerungen an gemeinsame Bergtouren.
Es sind die kleinen Anekdoten, die Franz Hohlers Miniaturen zu liebenswerten Erzählungen machen. Für den Kinderarzt Beat Richner spielte er auf seinem Cello eine Bach-Suite. Adolf Muschg schlug Hohler vor, in Zukunft dasselbe Pressefoto zu verwenden, weil die beiden so oft verwechselt werden. Und in Tel Aviv gab sich Hohler als Sohn von Friedrich Dürrenmatt aus.
Ein kluger Kunstkritiker
Dass es der Bühnenkünstler und Autor Franz Hohler versteht, mit wenigen Sätzen wunderbare Geschichten zu erzählen, ist längst bekannt. In «Franz Hohler & friends» entpuppt er sich aber als ebenso scharfsinniger wie wohlwollender Kunstkritiker und die Liebe zur Sprache und Musik sowie das politische Engagement blitzen in vielen der Texte auf.
So erklärt Hohler auf kluge Weise, warum Mani Matters Lieder nicht etwa «unverbindlich» sind, weil sie von links bis rechts so gut wie alle mögen – sondern viel mehr «verbindend». Auch der Berner Troubadour war ein enger Freund und Bühnenpartner von Franz Hohler.
Hommage an die Freundschaft
Nicht alle der kurzen Porträts hinterlassen nachhaltig Eindruck. Aber in seiner Summe ist der Textband eine Hommage an die Vielfältigkeit von Freundschaften.
Darüber hinaus ist Franz Hohlers «Freundebuch» ein Rückblick. Viele seiner Weggefährten sind bereits gestorben. Wenn sich der 81-Jährige an sie erinnert, ist das auch ein Erinnern an das eigene Leben.
Und seine Leserinnen und Leser erinnert Franz Hohler nicht zuletzt daran, wie sehr sich das Leben durch die Freundschaften auszeichnet, die man führt.