Valentijn Hoogenkamp: «Ich und Louis Claus»
Louis Claus ist der süsseste Junge der Schule. Arzttochter Carla ist mit ihm zusammen. Da wird im Jugendzimmer fleissig geküsst und gevögelt. Bloss blöd, dass Carla schwanger wird und abtreiben muss. So richtig kommt sie danach nicht wieder in die Spur, zumal sie Louis Jahre später wieder begegnet und ihm erneut (kurzfristig!) verfällt. «Ich und Louis Claus» ist ein Teenagerdrama, dessen Dialoge glitzern. Der Roman riecht lustig nach Deo und Baccardi Breezer, erzählt aber von grosser Verlorenheit.
Paul van Ostaijen: «Besetzte Stadt»
Das besetzte Antwerpen im Ersten Weltkrieg – Paul van Ostaijens expressionistisches Meisterwerk von 1921 stösst uns mitten hinein. Der Band ist ein Zusammenschnitt städtischen Lärms, wozu auch der berühmte Text «BUMM Paukenschlag» gehört, der Oper und Krieg zugleich ist. Da «Knirschen Knochen, Rasseln Rippen» auf jeder Seite. Textzeilen lodern im Feuer hoch, beim Tanzen beschreiben sie einen Halbkreis, Geschosse durchbrechen derweil quer den Text. Eine katastrophische Karambolage und grafisches Gesamtkunstwerk in einem.
Gaea Schoeters: «Trophäe»
Er heisst Hunter White, und genauso benimmt er sich auch. Regelmässig geht er in der afrikanischen Savanne jagen. Aktuell verfolgt er ein Nashorn, um seine «Big Five» vollzumachen. Da klingt Grosswildjäger Hemingway durch. Oder gleich einen Menschen erlegen und auf «Big Six» erweitern? Gegen eine Gebühr wäre das möglich. «Trophäe» ist ein Jagdroman, der das schwer in die Jahre gekommene Genre auf die Spitze treibt. Eine rasende Abenteuergeschichte, die Kolonialfantasien gnadenlos vorführt und zerschlägt.
Mariken Heitman: «Wilde Erbsen»
Wie macht man Erbsen wieder wild? Das fragt sich die Biologin Elke, die moderne Speiseerbsen rückzüchten möchte. Derweil beginnt vor 9000 Jahren die junge Ra, wilde Erbsen im Nahen Osten zu domestizieren. Zwei Geschichten, im Buch in abwechselnden Kapiteln erzählt. Was Elke und Ra ebenfalls verbindet: Beide sind genderfluid und vielfältigen Zuschreibungen ausgesetzt. Ein scharfsinniger Roman mit essayistischen Anteilen. Er sucht nach dem wahren Wesen der Dinge. Und ist so ehrlich, es nicht zu finden.
Gerrit Kouwenaar: «Fall, Bombe, fall»
Im Mai 1940 steht der 17-jährige Karel am Fenster und wartet auf den Krieg. Im Wohnzimmer seiner Eltern herrscht angespannte Ereignislosigkeit. Die Deutschen sind im Anmarsch. «Fall, Bombe», denkt Karel erregt. Bald darauf aber lernt er zwei Jüdinnen kennen, die flüchten müssen. Und er sieht seine Heimatstadt, wahrscheinlich Rotterdam, in Flammen aufgehen. Wie beginnt ein Krieg? Und was genau macht man dann? Ein intensiver und beklemmend aktueller Text, der auch die Kriege der Gegenwart spiegelt.