Angefangen hat alles an einer Party in Los Angeles. Da kamen der Illustrator und Autor Jon Klassen aus Kanada und der Kinderbuchautor Mac Barnett aus den USA miteinander ins Gespräch.
«Wir haben herausgefunden, dass wir dieselben Lieblingsbilderbücher haben», erzählt Mac Barnett. Drei Stunden hätten sie unaufhörlich gesprochen. «Danach war klar, dass wir zumindest Freunde werden.»
Ein Jahr später ist mehr daraus geworden: Ein gemeinsames Bilderbuch. Bisher haben die beiden 37-Jährigen sechs Bilderbücher zusammen gemacht. Soeben ist von ihnen eine Trilogie erschienen: «Dreieck, Quadrat, Kreis». Jeder Form ist ein eigenes Bilderbuch gewidmet.
Es sind einfache Geschichten mit einfachen Bildern: Dreieck möchte Quadrat einen fiesen Streich spielen. Oder die Formen spielen Verstecken hinter einem Wasserfall.
«Die Bücher sollten auch für die Allerkleinsten funktionieren», sagt Jon Klassen. Die Geschichten haben Witz und entbehren nicht einer sanften Ironie – so simpel sie auch daherkommen.
Wohin mit den Augen?
Wie ein Buch entstehe sei jedesmal anders, sagt das Duo. Bei «Dreieck, Quadrat, Kreis» seien es die Formen gewesen, die zu den Geschichten geführt haben. «Das Wichtigste sind die Augen», sagt Illustrator Jon Klassen.
Beim Quadrat und Kreis habe er sie bequem in die Mitte der Figur zeichnen können. Anders beim Dreieck: Da wären sie in der Mitte kleiner als bei den anderen.
Also zeichnete Jon Klassen sie oberhalb der unteren Linie. Der Effekt ist gross: Nur durch die Position der Augen wirkt Dreieck etwas verschlagener als die beiden anderen. Durch das Zeichnen der Charaktere hat er ihre Eigenschaften gefunden.
Kinder im Kopf
Genauso spielerisch geht auch Mac Barnett an die Arbeit. «Es gibt kein besseres Publikum für Geschichten als Kinder», sagt der Kinderbuchautor. Zumindest für seine leicht experimentellen, doppelbödigen Geschichten. «Kinder haben keine Vorurteile. Zudem wollen sie herausfinden, was es heisst, ein Mensch zu sein.»
Dass die beiden intensiv zusammenarbeiten ist ungewöhnlich. Denn meist wollten die Verlage verhindern, dass der Autor dem Illustrator seine Sicht der Dinge aufzwinge.
Jon Klassen hat auch schon Bücher illustriert, bei denen er nie mit dem Autor gesprochen habe, sagt er. «Darin liegt eine grosse Freiheit.» Doch die Bücher, die er und Mac Barnett zusammen entwickelten, seien anders. Hier gehe es darum, wie Worte und Bilder zusammenspielten und was man auf beiden Seiten weglassen könne.
Im Bauch des Wolfs
«Bilderbücher sind eine der wenigen Kunstformen, in der wahre dramatische Ironie möglich ist», sagt Mac Barnett. Auch seine Inspiration kann ein Bild sein.
Einmal habe er in seinem Kopf ein Bild gesehen von einer Maus und einer Ente, die von einem Wolf geschluckt worden sind. Im Bauch hätten sei ein Essen veranstaltet - und das habe ihn zum Lachen gebracht.
Aus diesem Lachen ist das gemeinsame Bilderbuch «Der Wolf, die Ente & die Maus» entstanden, das eben für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war. Es ist ein sehr witziges Buch, mit einem unkonventionellen Ende. Selbst die vermeintlichen Opfer sind bei Mac Barnett und Jon Klassen die wahren Helden.
Und die Moral von der Geschicht? Die gibts Bei Mac Barnett und Jon Klassen nicht. «Eine Moral erzählt dir am Schluss, was du denken sollst. Sinn werde im Zusammenspiel mit den Lesern geschaffen, sagt Mac Barnett. «Ein Buch ist ein Gespräch – und nicht etwas, bei dem Autor und Illustrator ein Kind anschreien.»