Sind Sie Fan? Von einem Fussballspieler vielleicht, von einer Musikband oder einem ganz bestimmten Roman? Wie weit geht diese Leidenschaft? Manche Fans sind von einem Film, Buch oder einer Figur so begeistert, dass sie sich dazu eigene Geschichten ausdenken und aufschreiben.
Die sogenannte Fan-Fiction basiert oft auf literarischen Werken. Harry-Potter-Fans erfinden zum Beispiel neue Abenteuer, die sich in der Zaubereischule «Hogwarts» abspielen. Und schon vor über hundert Jahren haben zahlreiche Lesebegeisterte Karl Mays Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand nachgeahmt und fortgesetzt.
Profis lernen von Laien
Geteilt und gelesen werden solche Fan-Texte heute in aller Regel in Online-Foren. Warum aber nicht auch abdrucken? Das dachten sich die Herausgebenden der neuen Fan-Fiction-Zeitschrift «DANKE» rund um Mitherausgeber Lucien Haug.
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Bild 1 von 4Legende: Bis heute gilt Karl May als der deutschsprachige Autor, dessen Geschichten am häufigsten von Fans weitergesponnen wurden. IMAGO / Steinach
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Bild 2 von 4Legende: Fan-Adaptionen von Jane Austen-Romanen wurden ab den 1920er-Jahren beliebt und sind es bis heute geblieben. IMAGO/Pond5 Images
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Bild 3 von 4Legende: Im Internet tummeln sich besonders viele Fan-Geschichten von fantasievollen Coming-of-Age-Romanen wie «Harry Potter». IMAGO/NurPhoto
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Bild 4 von 4Legende: Die «Fifty Shades of Grey»-Reihe entstand ursprünglich als Fan-Fiction für die Jugendromanserie «Twilight». IMAGO/Depositphotos
«Es geht vor allem darum, die Fan-Fiction in den etablierten Literaturbetrieb zu tragen», erklärt Haug. «Wir wollen Autorinnen und Autoren dazu anregen, sich der Technik der Fans zu bedienen.»
Fan-Fiction-Werke gelten als Laien-Texte. In der ersten Ausgabe des Magazins «DANKE» sind es nun professionelle Schreibende, die eingeladen wurden, ihre Fan-Fiction zu verfassen.
Fan von einem Bundesrat
Die Autorinnen und Autoren im Magazin loten die Grenzen der Fan-Fiction aus. Wo das Fansein beginnt und die einfache Inspiration aufhört, ist nicht ganz klar. Etwa, wenn der Schriftsteller und Journalist Evan Tepest für seine Fan-Fiction einen kulturkritischen Essay heranzieht.
Bei der Schweizer Bloggerin Jessica Jurassica stellt sich die Frage, ob sie nun eher Fan eines Bundesrates oder von erotischen Kioskromanen ist, wenn sie über eine leidenschaftliche Affäre eines Gesundheitsministers mit Namen André Béret schreibt. Unterhaltsam ist die frivole Liebesgeschichte allemal.
Etwas näher dran am herkömmlichen Verständnis von Fan-Fiction ist der Beitrag von Berit Glanz, die aus Selma Lagerlöfs «Nils Holgersson» ein modernes Roadmovie gemacht hat. Andere Texte in der Zeitschrift «DANKE» sind angelehnt am Pokémon-Universum oder den Science-Fiction-Geschichten rund um den Romanhelden Perry Rhodan.
Die Ausgangstexte muss man beim Lesen der Fan-Fiction-Beiträge nicht kennen. «Jeder Text im Magazin ist zugleich ein Lesetipp», sagt Lucien Haug. «Wer die Quellentexte kennt, wird sie danach nie mehr gleich lesen.»
Was wurde eigentlich aus Heidi?
Die Herausgebenden von «DANKE» wollen aber nicht nur zum Lesen, sondern auch zum Selbstschreiben anspornen. In der ersten Ausgabe des Magazins haben sie darum einen Aufruf gestartet und laden alle dazu ein, eine eigene Fan-Fiction ausgehend von Johanna Spyris «Heidi» zu schreiben und an die Redaktion zu schicken.
Lucien Haug gibt schon mal ein bisschen Inspirationen: «Vielleicht wollte man ja schon immer wissen, was Heidi beruflich gemacht hat, warum Tante Dete so eine unleidliche Person ist oder erzählen, dass Heidis Freundin Klara in Wahrheit eine Zeitreisende war.» Eingereichte Heidi-Fan-Fiction wird in der zweiten Ausgabe von «DANKE» abgedruckt.