Rut Plouda: Lyrisches Erinnern
Rut Plouda lebt im Unterengadiner Ftan. In ihrem Erzählband «Sco scha nüglia nu füss / Wie wenn nichts wäre» schildert sie subtil und feinfühlig Erinnerungen an ihren Sohn. Er hatte das Downsyndrom und starb im Alter von 19 Jahren.
Das Buch ist keine Geschichte des Leidens und der Trauer. Vielmehr erzählt die Autorin in fragmentarischen Skizzen vom viel zu kurzen Leben ihres Sohns: von seiner Lebensfreude und seiner Verträumtheit. Episoden in Haus und Stall, am Berg, am Fluss.
Die Schilderungen sind sehr präzise und halten dennoch die nötige Distanz. In diesem wundervollen Buch ist es die Sprache selbst, in welcher der Schmerz über den Verlust Linderung sucht.
Chatrina Josty: Der Lebenssound der Generation Y
Die Jungautorin Chatrina Josty widmet sich in ihrem literarischen Debüt «Barbacor / Herzkater» der Generation der heute etwa 18- 30-Jährigen. Sie sind mit der Globalisierung und Digitalisierung aufgewachsen.
In kurzen Texten reflektiert das Buch Absurditäten des Massentourismus oder stellt private Beziehungskrisen spannungsvoll dem alltäglich gewordenen Terrorismus von Fanatikern gegenüber.
Über den modernen, philosophisch durchtränkten und dabei gut lesbaren Gedankenbildern schwebt die Grundfrage: Wie lässt sich in einer Welt, in der alle Gewissheiten beseitigt scheinen, noch Halt finden?
Bibi Vaplan: Anregung zum Innehalten
«E las culurs dals pleds / Und die Farben der Worte» ist das bisher einzige Buch der aus Scuol stammenden Songpoetin Bibi Vaplan. Es versammelt Gedichte, Sprüche, Gedanken und Aphorismen. Es ist ein Lesebuch zum Durchblättern, Verweilen, Nachdenken.
Die einzelnen träfen, kecken und oft schrägen Texte sprechen für sich. Da heisst es etwa: «Ich könnte nie ohne Briefkasten leben. Jeden Tag kann ich aufs Neue hoffen, darin etwas Grosses zu finden.» Oder: «Wer will schon in Freiheit leben, wenn das Gefängnis so nahe liegt?»
Bibi Vaplan ist der rätoromanische Künstlername der Autorin Bianca Mayer und heisst in der deutschen Übersetzung «Bianca, geh langsam!». Ihr Buch bietet die praktische Anleitung für ein Leben, in dem auch das Innehalten seinen Platz findet.
Angelika Overath: Verliebt in die Sprache
Die bekannte deutsche Autorin Angelika Overath ist mit ihrer Familie vor über zehn Jahren von Tübingen nach Sent im Engadin gezogen.
Dort hat sie sich nicht nur in die Landschaft verliebt, sondern auch in die rätoromanische Sprache: So sehr, dass sie begonnen hat, rätoromanische Lyrik zu schreiben. Herausgekommen sind mehrere Publikationen mit rätoromanischen Gedichten und Übertragungen ins Deutsche.
Im Bändchen «Poesias» heisst es etwa: «In üna lingua estra tuot es da stà.» Oder in der etwas längeren deutschen Variante: «In einer fremden Sprache ist immer Sommer. In der anderen Sprache lacht alles. Die fremde Zunge spricht dich frei.»