Lana Lux hat sich längst einen Namen als Schriftstellerin gemacht. Gleich ihr Debütroman, der 2017 erschienen ist, war ein Erfolg: «Kukolka» handelt von einem ukrainischen Waisenkind, das zur Prostitution gezwungen wird.
Lux’ zweites Buch «Jägerin und Sammlerin» erzählt die Geschichte eines an Bulimie erkrankten Mädchens. Nun ist Lux’ dritter Roman erschienen: «Geordnete Verhältnisse». Darin geht es um häusliche Gewalt, um Stalking, um Femizid.
Düstere Themen sind ihr Ding
Lana Lux hat also einen Hang zu harten Themen – und oft wird sie gefragt, woher dieser Hang komme: «Ich kann dazu nur sagen, dass nicht ich nach den schweren Themen greife, sondern die schweren Themen greifen nach mir», erklärt sie gegenüber SRF. «Das ist nun mal dir Art von Geschichten, die sich mir aufdrängt.»
Im Zentrum des neuen Romans stehen zwei Figuren: Faina und Philipp. Philipp wächst in einer deutschen Kleinstadt auf. Seine Mutter ist Alkoholikerin, stirbt früh. Noch in der Primarschule macht sich Philipp regelmässig in die Hose, ständig hat er Wutanfälle.
Schuld an seinen Ausrastern sind laut Philipp aber immer die anderen. Und so wird er es auch später, als erwachsener Mann, als «Notwehr» betrachten, wenn er Faina verprügelt.
Kinderfreundschaft wird zum Verhängnis
Philipp lernt Faina in der Schule kennen. Sie ist mit ihrer Familie aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. In ihr findet der wütende Einzelgänger Philipp zum ersten Mal eine Freundin. Er hilft ihr, Deutsch zu lernen. Er erklärt ihr, wie dieses und jenes in Deutschland zu funktionieren habe.
Hier, in dieser Kinderfreundschaft, legt die Autorin bereits das ungleiche Kräfteverhältnis an, das Faina eines Tages zum Verhängnis wird.
Spannendes Täterprofil
Philipp ist ein durchweg unsympathischer Typ. Ab der ersten Seite. Er wird einem nicht sympathischer, wenn er Faina später gängelt, beleidigt – und noch später: schlägt.
Und gerade weil diese Hauptfigur so unsympathisch ist, lässt sich der Roman kaum aus der Hand legen. Gebannt liest man dieses Täterprofil. Gebannt schaut man in diesen sturen, wütenden Kopf.
Aus Zuneigung wird Obsession
Als junge Erwachsene geht Faina für einige Zeit auf Abstand zu Philipp. In dieser Phase entwickelt Philipp eine Obsession. Er lebt nur auf den Tag hin, an dem er Faina wiedersieht.
Ein Podcast über Bücher und die Welten, die sie uns eröffnen. Alle zwei Wochen tauchen wir im Duo in eine Neuerscheinung ein, spüren Themen, Figuren und Sprache nach und folgen den Gedanken, welche die Lektüre auslöst. Dazu sprechen wir mit der Autorin oder dem Autor und holen zusätzliche Stimmen zu den Fragen ein, die uns beim Lesen umgetrieben haben. Lesen heisst entdecken. Mit den Hosts Franziska Hirsbrunner/Katja Schönherr, Jennifer Khakshouri/Michael Luisier und Felix Münger/Simon Leuthold. Mehr Infos: www.srf.ch/literatur Kontakt: literatur@srf.ch
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Und dann steht sie tatsächlich vor seiner Tür. Sie leidet an einer psychischen Erkrankung, hat alle Ersparnisse verloren, ihre Ausbildung abgebrochen. Und: Sie ist schwanger.
Philipp geniesst nun das Gefühl, Fainas «Retter» zu sein. Er bietet ihr an, bei ihr einzuziehen und das Kind gemeinsam grosszuziehen. «Geordnete Verhältnisse» eben, daher der Titel des Buchs.
Beinahe ein Thriller
Irgendwann schlägt Philipp Faina das erste Mal. Und dann immer wieder. Als Faina versucht, sich aus der Abhängigkeit von Philipp zu befreien, entwickelt sich der Roman beinahe zum Thriller. Ein psychologisch ausgeklügeltes Buch, das einen nicht kaltlässt.
«Vielleicht reizen mich ja eines Tages ganz leichtfüssige, witzige Themen», sagt Lana Lux. «Aber bis dahin bleibt es wohl bei den düsteren Seiten unseres Lebens. Und ich hoffe, viele Leserinnen und Leser dazu einladen zu können, sich mit ihnen zu beschäftigen.»
Wenn Lana Lux so fesselnd weiterschreibt wie bisher, dürfte das kein Problem sein.