Die US-amerikanischen Geheimbehörden wollen sich mit der fiktiven privaten Datenbank «WorldShare» zusammenschliessen. Die Verantwortlichen sind überzeugt, dass die nationale Cybersicherheit nur gewährleistet ist, wenn der Datenschutz aufgegeben wird.
Die Kräfte sollen gebündelt, Technologien und Daten ausgetauscht werden. So könnte jeder Mensch jederzeit und überall gefunden werden. Diese Dystopie wird im Roman «Going Zero» erzählt.
Eine schier unlösbare Aufgabe
Damit die Fusion gelingt, braucht es einen letzten Test – zehn Freiwillige «go zero»: Sie tauchen für 30 Tage unter – mit dem Auftrag, absolut keine Spuren zu hinterlassen und vom digitalen Radar zu verschwinden. Sollten die vereinten Kräfte der US-Geheimbehörden und von «WorldShare» die Menschen tatsächlich nicht ausfindig machen können, platzt der Deal.
Das scheint eine schier unlösbare Aufgabe. KI gewährleistet die fast totale Überwachung. Eine Armada an Hilfsmitteln steht zur Verfügung: Kameras von Passanten, an Helmen von Fahrradkurieren, in Drohnen. Systeme, die Verhalten analysieren und vorhersagen. Software, die Alltagsgegenstände in Wanzen verwandelt.
Mit dieser Geschichte stellt Anthony McCarten eine zentrale Frage: Was wiegt schwerer, die Freiheit des Einzelnen oder die Sicherheit des Ganzen? «Alles, was das Leben reicher macht, was uns effizienter sein lässt und uns Gutes tun lässt, ist toll», sagt er im Gespräch.
Und alles, was nach Manipulation unseres unabhängigen Denkens rieche, was falsche Informationen verbreite und für politische Unruhen sorge, mache deutlich, wo Handlungsbedarf für Reaktionen und Regulierungen bestehe, so McCarten.
Kein Schutz ohne Regulierungen
Was geschieht, wenn es noch keine oder zu wenige Regulierungen gibt, projiziert McCarten in «Going Zero». Das Besondere daran: Er erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Leserinnen und Leser sind ständig mit unterschiedlichen Denkweisen und Werten konfrontiert.
Da ist der technikverliebte CEO, die sachlich-kühle Vertreterin der Geheimdienste und eine Bibliothekarin, die von allen unterschätzt wird. Sie gehört zu den «Zeros». Also zu den zehn Menschen, die während 30 Tagen versuchen, unentdeckt zu bleiben.
Wird diese Fiktion bald Realität?
«Going Zero» zeigt – auf höchst unterhaltsame Weise – wo wir momentan stehen. McCarten sagt: «Als ich zu schreiben begann, war meine Idee, die Welt zu zeigen, wie sie in etwa fünf Jahren sein würde. Ich habe viel recherchiert, habe auch über vieles spekuliert.»
Jetzt, da das Buch veröffentlicht ist, sieht er das anders: «Es scheint mir, die Geschichte liege nur noch fünf Minuten entfernt in der Zukunft.»
Ein Pageturner mit Nachhall
«Going Zero» ist ein Pageturner. Beim Lesen läuft ein Film ab. Man merkt, dass McCarten ein oscarnominierter Drehbuchautor ist: Er braucht wenige Worte, um etwas bildhaft zu erzählen. In kurzen Kapiteln geschieht viel – analog schnellen Schnitten im Film.
Man fiebert dem Ende entgegen – aber Anthony McCarten macht es seiner Leserschaft nicht einfach: Eine abschliessende Erkenntnis gebe es nicht, nur eines sei klar: «Der Kampf muss weitergehen. Da ist ein ungelöster Aspekt. Mehr will ich nicht verraten. Aber der Krieg ist nicht gewonnen. Diesen Gedanken wollte ich den Leserinnen und Lesern mitgeben.»