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Aktuelle Bücherempfehlungen: Anthony McCarten und Yuko Tsushima
Aus BuchZeichen vom 20.06.2023. Bild: SRF
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SRF-Bestenliste Die besten Bücher im Juli

Von Selbstbetrug, (Selbst-)Täuschungen und krummen Deals: Unsere Bücher-Highlights des Monats im Countdown.

5. Helga Schubert: «Der heutige Tag» (20 Punkte)

violetter Hintergrund, in der Mitte ein Buchcover in hellblau-pinken Längsstreifen, darauf gemalter Tisch
Legende: Helga Schubert: «Der heutige Tag». 272 Seiten. dtv, 2023. dtv

Die deutsche Schriftstellerin Helga Schubert ist 83, ihr Mann 96 Jahre alt – und pflegebedürftig. Schubert kümmert sich zu Hause um ihn, ist rund um die Uhr für ihn da. Von diesem kräftezehrenden Alltag erzählt «Der heutige Tag». Gleichzeitig findet Schubert sehr berührende Worte für die Liebe zu ihrem Mann.

Das Buch ist ein poetisches Abschiednehmen. Anrührend, aber – und das ist der gelungene Balanceakt – an keiner Stelle kitschig.

Das Grossartige an ihren Texten ist, dass sie niemandem mehr etwas beweisen muss. Helga Schubert kann einfach schreiben.
Autor: Katja Schönherr Literaturredaktorin SRF

4. Herbert Clyde Lewis: «Gentleman über Bord» (23 Punkte)

violetter Hintergrund, Buchcover, weiss mit einem Bild vom Meer, ganz klein ein Schiff in der Ferne
Legende: Herbert Clyde Lewis: «Gentleman über Bord». Aus dem Amerikanischen von Klaus Bonn. 176 Seiten. mare, 2023. mare

Ein erfolgreicher Börsenmakler in der Krise unternimmt Ende der 1930er-Jahre auf einem Frachtschiff eine Pazifik-Reise. Durch ein Missgeschick fällt er über Bord. Das Meer zeigt sich sanft an diesem Tag. So ist der Gentleman überzeugt, dass das Schiff wenden und ihn sogleich retten werde – zu Recht?

In eleganter Sprache formt Herbert Clyde Lewis eine tragikomische Gesellschaftsparabel. Er erzählt von den Zuständen und Entwicklungen, die der Gentleman im Ozean durchläuft. Und vom Reim, den sich die anderen Passagiere auf sein Verschwinden machen. Erschienen 1937, gibt es dieses zeitlose kleine Meisterwerk nun endlich auch auf Deutsch zu entdecken.

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Herbert Clyde Lewis: "Gentleman über Bord"
Aus Literaturclub vom 11.04.2023.
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Ein ergreifender, aufwühlender und zutiefst menschlicher Roman, der den Protagonisten wie die Leserschaft an existenzielle Grenzbereiche heranführt – und darüber hinaus.
Autor: Marianne Wille Literaturvermittlerin «literaturlabor.com»

3. Charles Ferdinand Ramuz: «Sturz in die Sonne» (24 Punkte)

violetter hintergrund, drauf rotes buchcover mit schwarzen rissen.
Legende: Charles Ferdinand Ramuz: «Sturz in die Sonne». Aus dem Französischen von Steven Wyss. 200 Seiten. Limmat, 2023. Limmat

Über 100 Jahre alt und trotzdem brandaktuell: 1922 veröffentlichte der Westschweizer Schriftsteller Charles Ferdinand Ramuz den Roman «Présence de la mort». Die Dystopie handelt davon, dass die Erde auf die Sonne zufliegt und in wenigen Tagen verbrennen wird. Die Ernte verdorrt, die Gletscher schmelzen, die soziale Ordnung zwischen den Menschen zerfällt.

Unter dem Titel «Sturz in die Sonne» erscheint der Klimaroman jetzt auf Deutsch: Diese Entdeckung ist eine kleine Sensation – und das Buch der Stunde.

Was tun die Menschen, wenn ihnen das Ende droht? Laut Ramuz halten sie die Beständigkeit der Dinge für so beständig, dass sie sich niemals ändern wird. Ein Satz, dessen Bedeutung weit über den Roman hinausreicht und andeutet, woher das beklemmende Gefühl beim Lesen dieses nachdenklichen Textes rührt.
Autor: Robyn Muffler Co-Chefredaktorin «041 – Das Kulturmagazin»
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Wiederentdeckung: Ein Klimaroman von C. F. Ramuz
aus Künste im Gespräch vom 01.06.2023.
abspielen. Laufzeit 11 Minuten 56 Sekunden.

2. Toni Morrison: «Rezitativ» (27 Punkte)

violetter Hintergrund, darauf Buchcover mit Zeichnung einer Frau mit dunkelblauem Gesicht, über Buch gebeugt
Legende: Toni Morrison: «Rezitativ». Aus dem Englischen von Tanja Handels. 96 Seiten. Rowohlt, 2023. Rowohlt

«Rezitativ» ist die erste und einzige Erzählung der Nobelpreisträgerin Toni Morrison. Sie handelt von zwei Mädchen, die einige Zeit in einem Kinderheim leben und Freundinnen werden. Als die eine das Heim verlässt, verlieren sie sich aus den Augen. Als Erwachsene begegnen sie sich wieder. Doch ihre Erinnerungen an ihre Zeit im Heim gehen auseinander.

In «Rezitativ» spielt Toni Morrison mit der Wahrnehmung der Leserschaft: Wir wissen, dass eines der Mädchen weiss ist und das andere schwarz, allerdings nicht, welches. Beim Lesen ertappt man sich immer wieder dabei, zu überlegen, wer wer ist. Und ist konfrontiert mit dem eigenen stereotypen Denken.

Toni Morrisons Erzählung führt uns auf wenigen Seiten gesellschaftlich relevante und nach wie vor höchst aktuelle Themen vor Augen. In Kombination mit dem Nachwort von Zadie Smith ist «Rezitativ» brillant.
Autor: Lydia Zimmer Literaturvermittlerin literaturecho.com
Video
Abschiede 2019: Toni Morrison
Aus Kultur Webvideos vom 20.12.2019.
abspielen. Laufzeit 45 Sekunden.

1. Anthony McCarten: «Going Zero» (34 Punkte)

violetter Hintergrund, davor weisses Buchcover mit roter Schrift und gelbem Fingerabdruck
Legende: Anthony McCarten: «Going Zero». Aus dem Englischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. 464 Seiten. Diogenes, 2023. Diogenes

Der Neuseeländer Anthony McCarten entwirft in seinem rasanten Thriller «Going Zero» ein erschreckend realistisches Szenario. Die US-Geheimbehörden schliessen sich zusammen mit der weltweit grössten privaten Datenbank. Alle Verantwortlichen sind überzeugt, dass die nationale Cybersicherheit nur gewährleistet ist, wenn sie Technologien und Daten austauschen. Das gigantische Projekt muss nur noch einen Test bestehen: Zehn Freiwillige tauchen für 30 Tage unter und dürfen keine Spuren hinterlassen. Wenn die Datenkrake die Menschen nicht finden kann, platzt der Deal.

McCarten erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven: aus der Sicht des Datenbank-Chefs und der einer alleinstehenden Bibliothekarin, die zu den «Zeros» gehört. Damit gelingt ihm der Spagat, ganz nah bei seinen Figuren und ihren Werten zu sein und gleichzeitig den Überwachungskapitalismus zu thematisieren.

McCartens «Going Zero» ist ein gesellschaftskritischer Thriller, der eine zentrale Frage stellt: Was wiegt schwerer, die Freiheit des Einzelnen oder die Sicherheit des Ganzen? Gründlich recherchiert, brillant erzählt und äusserst eindringlich.
Autor: Britta Spichiger Literaturredaktorin SRF

So entsteht die SRF-Bestenliste

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Die SRF-Bestenliste wird jeden Monat von einer Fachjury bestimmt. Zur Jury gehören 55 Buchkritikerinnen, Bibliothekare, Buchhändlerinnen, Literaturwissenschaftler und Vertreterinnen von literarischen Institutionen.

Jedes Jurymitglied darf jeweils bis zu vier Titel, deren Veröffentlichung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, für die SRF-Bestenliste nominieren. Die Punktewertung funktioniert wie folgt:

  • 1. Platz: 7 Punkte
  • 2. Platz: 5 Punkte
  • 3. Platz: 3 Punkte
  • 4. Platz: 1 Punkt

Die vergebenen Punkte werden addiert und ergeben die jeweilige Reihung. Jedem Jurymitglied steht es frei, weniger (oder auch gar keinen) Titel zu nominieren. Sobald ein Titel drei Mal auf der SRF-Bestenliste vorgekommen ist, wird er gesperrt, um einen gewissen Titelumlauf zu gewährleisten.

Im Sinne einer grösstmöglichen Transparenz, Objektivität und Unparteilichkeit im Abstimmungsverfahren dürfen keine Bücher nominiert werden, deren Autor:in Mitglied der Jury ist.

Die Jurymitglieder von A bis Z

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Radio SRF 1, BuchZeichen, 20.06.2023, 20:03 Uhr ; 

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