Zora del Buonos Leben begann mit einem Drama: Sie war gerade einmal acht Monate alt, als ihr Vater bei einem Autounfall starb. Dies hat sie in dem Buch «Seinetwegen» auf eine so beeindruckende Weise verarbeitet, dass sie nun mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet wurde. Die Verleihung fand am Sonntagmittag im Theater Basel statt. Das Preisgeld beträgt 30'000 Franken.
Del Buono zählt zu den renommiertesten Autorinnen der Schweiz. Ursprünglich hat sie als Architektin gearbeitet, ehe sie zu schreiben begann. Ihre bekanntesten Werke: die Familiensaga «Die Marschallin», die Novelle «Gotthard» über den Bau des Gotthardtunnels – und nun eben das frisch prämierte, autofiktionale Memoir «Seinetwegen».
Dass die Wahl auf die 61-jährige Zürcherin fiel, begründet die Buchpreis-Jury so: «Mit überraschender Leichtigkeit verflicht sie in diesem dicht komponierten Recherche-Roman Statistiken, Gerichtsdokumente und Szenen aus ihrem Leben.» Das Buch sei «ein leiser, unprätentiöser Text voll existentieller Wucht».
Gewichtige Themen
Diese «existentielle Wucht» rührt daher: Zwar thematisiert del Buono ihre eigene Geschichte. Doch sie schreibt sich nicht an der persönlichen Erfahrung fest, sondern schlägt einen Bogen zu universellen Themen wie Verlust, Schuld, Vergebung und Schicksal.
Der Unfalltod ihres Vaters ereignete sich im Jahr 1963 in der Ostschweiz. Zora del Buono wuchs daraufhin allein bei ihrer Mutter auf. Über den Unfall geredet wurde nie. Das Tabuthema gärte in del Buono, jahrzehntelang.
Suche nach dem «Töter»
Vor einiger Zeit überkam die Autorin schliesslich das Bedürfnis, mehr darüber zu erfahren, wie sich der Unfall zugetragen hat. Sie wollte den Verursacher finden – den «Töter ihres Vaters», der damals mit viel zu hoher Geschwindigkeit auf der Landstrasse unterwegs gewesen war.
Wie hat er all die Jahre gelebt mit seiner Schuld? Was war er für ein Mensch? War er wirklich der Hallodri, den sie sich immer vorgestellt hatte? Diese Fragen hat sich del Buono gestellt und ihre Recherche schreibend begleitet. Herausgekommen ist keine plumpe Anklageschrift, sondern ein behutsames Buch, das zeigt, wie schnell – binnen weniger Sekunden nur – alles anders sein kann.
Starker Jahrgang
Für den Schweizer Buchpreis nominiert waren ausserdem Mariann Bühler, Martin R. Dean, Béla Rothenbühler und Michelle Steinbeck. Die Entscheidung dürfte der Jury nicht leichtgefallen sein, denn es war ein starker und vielfältiger Jahrgang. Inhaltlich waren die Werke in vielerlei Hinsicht von Schweizer Themen geprägt, ohne dabei provinziell zu sein.
Grösster Konkurrent del Buonos im Rennen um den Schweizer Buchpreis war wahrscheinlich Martin R. Dean. In «Tabak und Schokolade» spürt auch der 69-jährige Basler seinem verlorenen Vater nach. Und auch er verhandelt, vom eigenen Schicksal ausgehend, gewichtige Themen; Rassismus und Kolonialismus etwa. Letztlich dürften es del Buonos sprachliche Eleganz und ihr nüchterner, makelloser Stil gewesen sein, die den Ausschlag gegeben haben.