Es handle sich womöglich um die «düsterste Shortlist in der Geschichte des Schweizer Buchpreises», schreiben die offiziellen Literaturpreis-Blogger von Buchjahr.ch, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen.
SRF-Literaturredaktorin Luzia Stettler ist vom breiten Kulturverständnis angetan, das die Shortlist verrate: «Da findet sich handfest Erzähltes neben literarischen Experimenten und sperrigen Texten.»
Grosse Autoren fehlen
Auffällig ist: Es fehlen – abgesehen von Christian Kracht und Charles Lewinsky – einige der grossen Autorennamen des Landes.
Peter Stamm stand mit «Weit über das Land» immerhin auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Nicht berücksichtig wurden auch die neuen Bücher von Catalin Dorian Florescu oder Alex Capus.
Der grosse Unbekannte
«Jede Shortlist ist eine Überraschung», sagt SRF-Literaturredaktorin Luzia Stettler. Nicht gerechnet hat sie mit dem in Genf lebenden Deutschen Christoph Höhtker, der es mit «Alles sehen» ins Finale schaffte: «Eine szenige, schräge Geschichte, die zuweilen geschmacklos, aber literarisch überzeugend sein soll.»
Völlig richtig ist für Luzia Stettler die Nomination von «Andersen»: Charles Lewinsky habe bewiesen, «dass er nicht seine bewährten Erzählformen wiederholt, sondern auch bereit sei, etwas Neues zu wagen.»
Auch die Nomination von Christian Krachts «Die Toten» hat Stettler erwartet.
Dunkle Kapitel, verworrene Leben
Ebenfalls Chancen auf den Buchpreis hat Michelle Steinbeck mit ihrem Debüt «Mein Vater war ein Mann an Land und im Wasser ein Walfisch».
Die 26-Jährige berichte «funken- und fantasiesprühend von der Reise eines Mädchens zu ihrem Vater und zu sich selbst», lässt sich Jury-Sprecherin Susanna Petrin zitieren. «Ein gewagter, sehr provokativer Text», meint Luzia Stettler. Aber auch Michelle Steinbeck: keine Überraschung.
Erstmals in der Geschichte des Schweizer Buchpreises wurde ein rein autobiografischer Text nominiert: Sacha Batthyany arbeitet in seinem Werk «Und was hat das mit mir zu tun?» ein dunkles Kapitel seiner Familiengeschichte auf.
Und wer hat die besten Karten? «Das Rennen ist völlig offen», sagt Luzia Stettler.
Bald auf Lesereise
83 Titel wurden für den Schweizer Buchpreis 2016 eingereicht. Die fünf Nominierten der Shortlist erhalten je 2500 Franken, der Gewinner, der am 13. November in Basel verkündet wird, 30'000 Franken.
Vor der Preisverleihung begeben sich die fünf Autoren auf eine Lesereise durch die Schweiz, Deutschland, Frankreich und Österreich. Im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung an Monique Schwitter für «Eins im Andern».
Sendung: Radio SRF, Nachrichten, 21.9.2017, 10:00 Uhr