«Spoken Word ist eine sehr zugängliche Art von Literatur», sagt Reina Gehrig, Geschäftsführerin der Solothurner Literaturtage. «Diese Künstler zeigen eine Möglichkeit mehr, wie Literatur vermittelt werden kann. Es ist nicht verkopft und trotzdem intelligent.»
Beliebt beim Publikum
Mit diesem Programmschwerpunkt hätten es die Literaturtage auch geschafft, vom Vorwurf eines elitären Festivals wegzukommen. Bei Publikumsumfragen habe sich Spoken Word auf Rang zwei hinter der Belletristik etabliert.
Interessant ist für Reina Gehrig auch, dass die Spoken Worder wohl die klassischen «Wasserglas-Literaten» beeinflusst haben. «Heute ist allen bewusst, dass gute Bühnenpräsenz wichtig ist.» Auch viele traditionelle Autoren feilten heutzutage an ihren Auftrittskompetenzen.
Wichtiger Teil der Schweizer Literatur
Wann das mit Spoken Word an den Literaturtagen Solothurn angefangen hat, kann Reina Gehrig nicht sagen, da gebe es keinen genauen Termin: «Schon in den Anfangszeiten des 41-jährigen Festivals haben Künstler wie Franz Hohler oder Kurt Marti solche Art von Literatur gemacht.» Damals habe man es aber anders bezeichnet.
Mit Martin Frank ist heuer ein mündlich orientierter Künstler aufgetreten, der bereits 1979 mit dem Mundartroman «Ter Fögi ische Souhung» Furore gemacht hat. «Es freut mich sehr, dass er den Bogen in die Gegenwart schlägt», sagt Gehrig. Frank repräsentiere gut den langen Weg der gesprochenen Bühnenliteratur.
Eine weitere Stufe gab es, als in den Nuller-Jahren die Mundartliteraten um Pedro Lenz und Guy Krneta aufkamen. «Uns war sofort klar, dass so etwas zu einer Schweizer Werkschau dazugehört», sagt Gehrig.
Spoken-Word-Autoren wurden langsam von der Beilage zu einem Hauptgericht. Seit drei Jahren gibt es in Solothurn eine eigene Programmgruppe «Spoken Word», der auch Gehrig angehört. Diese packe die Aufgabe anders an als andere Programmgruppen. «Um solche Künstler zu beurteilen, muss man visionieren und live erleben. Lesen reicht da nicht.»
Auch Gäste von ausserhalb der Deutschschweiz
Dieser neue Schwerpunkt der Literaturtage hängt auch mit der Trennung von der Mundartnacht «Gägäwärt» in der Solothurner Kulturfabrik Kofmehl zusammen. «Gägäwärt» war lange eine Gastveranstaltung der Literaturtage – und heute eigenständig.
«Das ist ja eher ein bunter Abend rund um Mundart und beisst sich nicht mit unserem Spoken-Word-Teil», sagt Reina Gehrig. «Im Gegenteil: Für die Besucher ist es vielleicht ein idealer Vorgeschmack auf die Literaturtage.»
Wichtig ist für die Programmgruppe Spoken Word, dass auch jeweils ein Künstler oder eine Künstlerin aus einem anderssprachigen Landesteil und aus Deutschland eingeladen werden.
«Referenzautoren aus dem Ausland sind uns in allen Sparten wichtig», sagt Gehrig. In diesem Jahr begeistern der Welsche Meloe Gennai und der Deutsche Dalibor Markovic.