Die aussergewöhnliche Lage trifft die Buchbranche mit voller Wucht, das Überleben der Branche steht auf der Kippe. Die Umsätze seien massiv eingebrochen, sagt Daniel Waser, Geschätsführer des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbands.
Das zeige eine brandaktuelle Umfrage bei den Mitgliedern des Verbands, so Waser: «Die einzelnen Verlage sind unterschiedlich aufgestellt. Aber wir gehen nach unserer Umfrage davon aus, dass die Umsatzverluste der Verlage bei mindestens 70 bis 80 Prozent sein werden.»
Bei den Buchhandlungen sei es zum Teil noch krasser: «Buchhandlungen, die wirklich geschlossen und keine Alternativen haben, leiden unter Umsatzverlusten von über 90 Prozent.»
Auslieferung per Velo
Die meisten Buchhandlungen führen derzeit einen täglichen Kampf ums nackte Überleben. Zum Beispiel die Zürcher Buchhandlung am Hottingerplatz. Die Inhaberin Cornelia Schweizer sagt: «Ich schätze, dass wir zwischen 30 und 40 Prozent des normalen Umsatzes machen können. Das ist ein Bruchteil dessen, was wir normalerweise an Umsatz benötigen.»
Man habe Schlimmeres nur deshalb vermeiden können, weil man den Onlineshop und den Kundendienst massiv ausgebaut habe: «Wir bieten einen Lieferdienst per Velo an. Wir verpacken die Bücher als Geschenk, mit lieben Grüssen von Oma und Opa und so weiter.»
Dadurch kann Schweizer den Verlust etwas verkleinern, mehr liege aber nicht drin. Denn es wird zurzeit schlicht weniger gekauft.
Laut der Umfrage in der Buchbranche verzeichnet rund die Hälfte aller Buchhandlungen keinerlei Zuwachs bei den Online- oder Telefon-Bestellungen. Der Ausfall ist total.
Verluste auch bei den Verlagen
Dies wirkt sich auch auf die Verlage aus. Sie bleiben auf ihren Frühlings-Programmen sitzen. Es herrsche Krisenstimmung sagt Ruth Geiger, Sprecherin des grössten Schweizer Literaturverlags Diogenes. «Der Rückgang beziffert sich auf 70 bis 80 Prozent.»
Laut Daniel Waser vom Branchenverband haben die einzelnen Unternehmen unterschiedlich grosse finanzielle Reserven, um in der aktuellen Krise durchzuhalten. Wenn die aussergewöhnliche Lage länger dauere, «kommt es garantiert zur Katastrophe», erklärt Waser. «Dann werden einige Verlage und Buchhandlungen nicht überleben. Es wird dann zu einer Auslichtung des aktuellen Kulturangebots kommen.»
Konkret würde es künstlerisch anspruchsvolle und kommerziell weniger interessante Literatur schwer haben, überhaupt noch einen Verlag zu finden.
Bitte um Hilfe vom Bund
Der Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband ruft jetzt nach Unterstützung durch die öffentliche Hand. Das zuständige Bundesamt für Kultur winkt auf Nachfrage jedoch ab: Verlage und Buchhandlungen könnten zwar Kurzarbeit oder Liquiditätshilfe beantragen, so wie andere KMU auch.
Spezielle Zuschüsse wie etwa für selbstständig erwerbende Kulturschaffende gebe es für die gewinnorientierte Buchbranche jedoch nicht.
Eine «kleine Liquiditätsspritze»
Der Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband will nun Buchhandlungen und Verlage, die in akuter finanzieller Not stecken, finanziell unterstützen. Die Unterstützungskasse des Verbands stellt in einer gemeinsamen Aktion mit dem Schweizer Bücherbon 800'000 Franken bereit.
Betroffene Unternehmungen sollen unbürokratisch und schnell an das Hilfsgeld gelangen. Es sei jedoch «nicht mehr als eine kleine Liquiditätsspritze, um die nächsten Tage zu überleben», sagt Daniel Waser auf Anfrage.
So bleibt der Branche zuletzt vor allem das Prinzip Hoffnung – dass sich das Virus bald zurückzieht und die aussergewöhnliche Lage ein Ende findet. Und dass die Kundschaft in der Zwischenzeit die Buchhandlungen nicht vergisst und fleissig Bücher bestellt.