Seinen zweiten Frühling verdankt «Running Up That Hill» von Kate Bush der Netflix-Serie «Stranger Things». In der Geschichte der neusten Staffel spielt der Song eine wichtige Rolle, ist immer wieder zu hören.
Aufmerksamkeit – und offene Ohren
Dass Bushs Song in einer der erfolgreichsten Serien derart prominent in Szene gesetzt wird, verschafft ihm sehr viel Aufmerksamkeit. Für diesen aussergewöhnlichen Erfolg reicht das allein nicht – der Song musste auch auf interessierte Ohren stossen.
Dass er das tat, dürfte daran liegen, dass der Sound der 80er heute sehr präsent ist. In den Hitparaden finden sich immer wieder Songs, die unüberhörbar nach dieser Dekade tönen, zum Beispiel von The Weeknd, Dua Lipa oder Ed Sheeran. Auch die Songs des Schweizers Crimer klingen, als hätten sie 40 Jahre auf dem Buckel.
Solche Künstler seien nur die Spitze des Eisberges, sagt SRF3-Musikredaktor Claudio Landolt: «Dieser stilisierte 80er-Synth-Pop-Sound hat schon länger ein Revival. Wir stehen vermutlich gerade auf seinem Höhepunkt.»
Die 80er prägen den Pop von heute
Der Synthesizer und die Drum-Machine, die auf «Running Up That Hill» eingesetzt wurden, werden auch auf aktuellen Songs eingesetzt oder imitiert. Der Sound der 80er klingt darum immer noch gegenwärtig. «Ich staune immer wieder, wie aktuell solche Songs produktionstechnisch klingen – wie frisch das alles ist und wie gut es klingt», sagt Landolt.
Aber nicht nur klangästhetisch und produktionstechnisch passen Songs der 80er zu aktueller Popmusik, sagt Landolt: «Die Musik der 80er scheint fluid, androgyn. Sie scheint auch weniger hierarchisch männerdominiert zu sein als Musik aus den Dekaden davor. Das deckt sich mit heutigen Ideen.»
Mit alten Hits neues Geld verdienen
Was mit dem Kate-Bush-Song passiert, ist exemplarisch für einen Trend im Musikbusiness. Musikkonzerne und Investmentfirmen verstehen Musik zunehmend als Anlagemöglichkeit, die einen langfristigen Gewinn abwerfen soll.
Unternehmen kaufen für Millionenbeträge Songrechte von etablierten Künstlerinnen und Künstlern wie Bob Dylan, Tina Turner oder David Bowie zusammen, in der Hoffnung, dass die alten Songs weiter Gewinn abwerfen.
Kate Bush hat ihre Songrechte nicht verkauft
Bei Kate Bush ist das nun spektakulär geglückt – jedoch ohne das Zutun von Investmentfirmen und Plattenfirmen: Die Rechte an «Running Up That Hill» liegen gänzlich bei Kate Bush selbst.
Der Gewinn aus diesem Überraschungserfolg wird zu einem grossen Teil ihr zugutekommen. Dennoch dürfte das Beispiel Schule machen: Es zeigt, wie profitabel es sein kann, einen Song in einer Serie zu platzieren.
Was braucht es für einen zweiten Frühling?
Gleichzeitig macht das Beispiel Bush klar: Für einen neuerlichen Chart-Erfolg müssen viele Faktoren zusammenkommen – auch der Zufall spielt eine Rolle.
Und es braucht den richtigen Song, wie Landolt sagt: «Kate Bush ist für ‹Stranger Things› die perfekte Wahl, weil sie wahrscheinlich auch die ‹strangest› Sängerin der 80er war. Ihre Songs sind dermassen abnormal und gleichzeitig dermassen gut.»
Bushs magische Aura passe perfekt zur Serie, und es gebe von der nach wie vor unvergleichlichen Musikerin noch ganz viele vergessene Perlen, so Landolt: «Ich wünsche der Welt, dass man sie alle wiederentdeckt.»