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Aufstieg einer Dirigentin Bald ein Star? Joana Mallwitz macht Karriere

Ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen 2020 war fulminant. Ein Bundesverdienstkreuz und einen Vertrag mit der Deutschen Grammophon hat die 37-Jährige auch schon in der Tasche. Zielstrebig ist sie aber nicht nur am Dirigierpult. Ein Porträt.

Im Interview gibt Joana Mallwitz klare Anweisungen: «Nicht zu privat fragen bitte, ja?» Auch beim Dirigieren ist sie direkt: «Die Akzente müssen durch das Orchester ziehen», sagt sie zu den Musizierenden des Tonhalle-Orchesters Zürich, zeigt mit zackigen Bewegungen und singt vor, wie dieser Verlauf klingen soll.

Sie spricht schnell und bestimmt, fast hektisch manchmal, aber ihre Erklärungen kommen an: Die Stelle im Violinkonzert von Bryce Dessner hat jetzt mehr Kontur.

Über Musik spricht sie aber gerne, wie über ihren Liebling Franz Schubert und dessen «Unvollendete»: «Er verbindet Intimität und grosse Sinfonik, und macht das Jenseits hörbar.» Die Partitur dieses Werks zu lesen, sei eines ihrer Erweckungserlebnisse gewesen. Dabei habe sie beschlossen, Dirigentin zu werden.

In der Hochbegabtenklasse

Angefangen hat alles am Klavier. Die Hildesheimerin begann dreijährig, ihre Mutter brachte ihr die ersten Töne bei. Später kam Geige dazu, und als Teenager wurde sie in der Hochbegabtenklasse der Hochschule in Hannover ausgebildet. Sie studierte – wie ihr guter Freund Igor Levit – in der Wettbewerbsschmiede des einflussreichen Klavierpädagogen Karl-Heinz Kämmerling.

Frau mit kurzen blonden Haaren sitzt in einem leereren Opernhaus mit roten Sitzen.
Legende: Zu den grössten Favoriten von Joana Mallwitz gehören Schubert und Mahler: «Bei denjenigen Komponisten, die ich besonders liebe, kommt das Liedhafte immer vor.» KEYSTONE / DPA / DANIEL KARMANN

Eine Klavierkarriere hatte sie aber nie im Sinn, lernte zusätzlich Dirigieren bei Martin Brauss und Eiji Oue. Als Korrepetitorin trat sie bereits 19-jährig ihr erstes Engagement am Theater an.

Was machen Korrepetitorinnen ?

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Korrepetitoren und Korrepetitorinnen begleiten am Klavier Sänger und Sängerinnen, Tänzer und Tänzerinnen oder Instrumentalisten und Instrumentalistinnen beim Stücke lernen, Rollen einstudieren und Szenen proben.

18 Jahre hat sie seither an verschiedenen Opernhäusern als Dirigentin gewirkt, die Hälfte der Zeit in leitender Funktion als Chefdirigentin (Theater Erfurt) oder Generalmusikdirektorin (Staatstheater Nürnberg). Sie gastierte an vielen der bedeutendsten Häuser in Europa, sowohl mit Oper als auch mit Sinfonik – hauptsächlich mit Werken des klassisch-romantischen Repertoires, Schuberts Opern hat sie indes noch nicht entdeckt.

Exklusivvertrag mit dem Klassiklabel «Deutsche Grammophon»

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Deutsche Grammophon Logo in Gelb auf schwarzem Hintergrund.
Legende: IMAGO / YAY Images

Letztes Jahr hat Joana Mallwitz einen Exklusivvertrag mit dem renommierten und traditionsreichen Klassiklabel Deutsche Grammophon unterzeichnet.

Ihre erste Aufnahme erscheint diesen August und ist aussergewöhnlicherweise der Sinfonik von Kurt Weill gewidmet. Diese Werke des «Dreigroschenoper»-Komponisten sind kaum bekannt, verdienten es aber, so Mallwitz, vermehr beachtet und gespielt zu werden: «Alle lieben es und keiner weiss es (sie lacht). Insbesondere die zweite Sinfonie ist ein ganz virtuoses Orchesterstück».

Die nächste Aufnahme für die DG ist bereits geplant, Mallwitz hat sich dafür ein bedeutendes Werk der Wiener Klassik ausgesucht, «Die Schöpfung» von Joseph Haydn . Die Dirigentin will sich dafür aber erst noch Zeit nehmen, und mit dem Orchester erst einmal «sehr viel Haydn spielen und Stil entwickeln».

Die Frage, wie sie diese energie- und zeitintensive Karriere als Dirigent (sie verwendet das generische Maskulinum) mit ihrem Familienleben als Mutter unter einen Hut bringt, beantwortet sie knapp: «Das ist ein grosses Puzzle und eine grosse Organisation, wo man wirklich ein sehr gutes Team braucht».

Ein wichtiges Teil dieses Puzzels ist ihr Mann, der Tenor Simon Bode. Er packt mit an – mit Humor und Gelassenheit, wie man im neuen Portraitfilm «Momentum» des mit Mallwitz befreundeten Regisseurs Günter Atteln sehen kann. Sonstige Interessen oder Inspirationen? «Es gibt nur die Musik.»

Begnadete Vermittlerin

Seit 2023 leitet Mallwitz das Berliner Konzerthausorchester und hat dort die «Night Sessions» etabliert. Hier kommen verschiedene Musikgenres zusammen. Auch ihr Vermittlungstalent an Pult, Klavier und Mikrofon kann sie dort mit ihren beliebten «Expeditionskonzerten» weiterhin einbringen, ganz nach dem Vorbild von Leonard Bernsteins «Young People's Concerts».

Wie im Nürnberger und Berliner Antrittskonzert interpretierte sie die 1. Sinfonie eines ihrer weiteren Favoriten, Gustav Mahler, jetzt auch effektgeladen bei ihrem Debüt beim Tonhalle-Orchester Zürich.

Bald in Luzern?

Der künftige Intendant von Lucerne Festival, Sebastian Nordmann, hat sie nach Berlin geholt. Auf die Frage, ob sie demnach bald beim Lucerne Festival zu erleben sein wird, antwortet sie: «Das müssen Sie ihn fragen. Das weiss ich nicht.» Und eilt zur nächsten Probe.

Radio SRF 2 Kultur, Musikmagazin, 6.7.2024, 10:00 Uhr.

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