Sookee ist eine der bekanntesten Vertreterinnen des deutschen queer-feministischen Rap. Seit 15 Jahren sorgt sie mit feministischen und antikapitalistischen Statements in der männerdominierten Hip-Hop-Szene für Aufsehen.
«Ich habe oft Interviews gegeben und mich geärgert, dass ich nicht sagen kann ‹Hier, das ist eine Liste mit anderen wichtigen Texten und Leuten›. Da war mir klar, irgendwer muss ein Buch über Queer-Fem-Rap machen», sagt Sookee.
Eine eigene Szene
In der Wiener Rapperin Gazal hat Sookee die perfekte Co-Herausgeberin gefunden. Denn die 32-Jährige kennt die österreichische Hip-Hop-Szene bestens und hat als Flüchtlingskind und lesbische Frau mehrfach Ausgrenzung erfahren.
Rund 70 «Awesome Hip-Hop Humans» – wunderbare Hip-Hop-Menschen – stellen Sookee und Gazal im gleichnamigen Sammelband vor. Es sind Menschen, die sich mit einer queer-feministischen Haltung im Hip-Hop-Kontext identifizieren oder solidarisieren.
Die Akteurinnen dieser Szene würden häufig als Gegenbeispiel zum Mainstream genannt. «Wir sind aber nicht nur das Gegenstück, wir sind unser eigenes Stück, unsere eigene Szene. Das wollen wir mit unserem Buch zeigen», erzählt Gazal. Und wie vielseitig, politisch und inklusiv diese Szene sei.
Gemeinsam zu Riesinnen werden
90 Prozent der Musikschaffenden in ihrem Buch seien im Mainstream-Hip-Hop explizit nicht erwünscht gewesen in den letzten 15 bis 20 Jahren, sagt Sookee. Gazal ergänzt: «Mir ist beim Lesen aufgefallen, dass die Probleme, mit denen die Leute zu kämpfen haben, sehr ähnlich sind.»
Sie hätten alle keine Lust mehr, ständig nach links und nach rechts zu treten, sagt Gazal: «Es ist doch viel cooler, wenn man sich gemeinsam grösser macht, also auf die Schultern der anderen klettert und gemeinsam zu Riesinnen wird.»
Im Mainstream (noch) unerwünscht
Hip-Hop entstand Anfang der 1970er-Jahren in New York. Das Genre machte auf die sozialen Ungerechtigkeiten der afroamerikanischen Bevölkerung vor Ort aufmerksam.
Heute ist Hip-Hop längst im Mainstream angekommen. Manche Themen hätten dort keinen Platz mehr, sagt Gazal. «In einer Gesellschaft, die patriarchal, kapitalistisch und chauvinistisch aufgebaut ist, bekommen Dinge mehr Fokus, die so sind, wie die Gesellschaft mehrheitlich tickt.»
Es sei nicht die Aufgabe von Queer-Fem-Rapperinnen, die Welt zu verbessern, findet Gazal: «Wir haben eigene Themen. Ich würde mir wünschen, dass man den Mainstream mit Fragen konfrontiert wie: ‹Warum gehst du nicht zur Therapie, anstatt in das Mikrofon reinzurotzen, was du über Frauen denkst?› Das wäre mal ein Ansatz!»
Rap verändert sich
Doch die Szene sei im Wandel, ist Sookee überzeugt: diskriminierende Texte würden weniger toleriert. Es gebe Proteste, wenn bestimmte Personen eine Bühne erhielten und andere nicht. Dieses Jahr seien sogar zwei Trans-Artists am Splash-Festival, Deutschlands grösstem Hip-Hop Event, aufgetreten.
Ihr Buch soll dabei helfen, Verständnis und Sichtbarkeit zu schaffen für die Queer-Fem-Rap-Szene. Beide Raperinnen hoffen, dass auch Bookerinnen und Konzertveranstalter den Sammelband lesen. «Es ist eine billige Ausrede, wenn die beteuern: ‹Wir haben keine Frau oder non-binäre Person gefunden›. Jetzt sagen wir: ‹Schau doch mal hier nach. Es gibt keine Ausreden mehr.›»