Für einen Augenblick sah es so aus, als würde ein Rapper gross rauskommen, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt: Kürzlich nahm das Label Capitol Records, das zu Universal gehört, FN Meka unter Vertrag – eine rein virtuelle Figur, die nur in digitalen Welten existiert.
Überdrehter TikTok-Star
FN Meka war zu diesem Zeitpunkt schon ein mittelgrosser TikTok-Star. Dort verfolgen 10 Millionen Menschen, wie der Rapper mit seinem Reichtum angibt: In seinen Videos lässt er sich Champagner mit Tanklastern liefern, hat einen Lamborghini-Toaster und spielt mit einer Dior-Playstation. Sein Kanal war eine witzige Parodie auf Influencer und Popstars. Inzwischen wurden jedoch fast alle Videos von TikTok entfernt.
FN Mekas Songs sind gängige Trap-Dutzendware. Das Besondere an ihnen ist, dass sie gemeinsam von Mensch und Maschine gemacht wurden. Texte und Musik basieren auf einer künstlichen Intelligenz. Den letzten Schliff haben menschliche Produzenten vorgenommen. FN Mekas Stimme steuert ein Mensch bei.
Popmusik aus dem PC
Nun hat die Plattenfirma FN Meka bereits nach wenigen Wochen wieder fallengelassen. Denn es wurde Kritik an der Figur laut, unter anderem, weil in ihren Songs rassistische Schimpfwörter auftauchten.
Weder Mensch noch Computer waren also in der Lage, einen dicken Fauxpas zu verhindern. Dabei hatte man mit FN Meka Grosses vor: In Zukunft hätten seine Songs komplett von Computern komponiert und gespielt werden sollen.
Millionenpublikum im Metaverse
Computergenerierte Musik war aber nur das zweitrangige Ziel hinter der Figur. In erster Linie geht es darum, eine Brücke zwischen Musik und Games zu schlagen. Denn populäre Games wie «Fortnite» werden immer mehr zu sogenannten Metaversen – zu virtuellen Welten, in denen Userinnen nicht mehr nur spielen, sondern auch einkaufen, kommunizieren, Filme gucken und Musik hören.
Musiker finden in diesen Metaversen ein Publikum, an das sie sonst nur noch schwer herankommen: «Man erreicht ein ganz junges Publikum – sprich 15- bis 25-Jährige», sagt Florian Müller. Mit seiner Firma «Software Brauerei» veranstaltet er regelmässig Konzerte im Metaverse «Decentraland».
Domenic Benz, Mitbegründer der Firma, ergänzt: «Für grosse Künstler ist es ein Marketinginstrument. Da sprechen wir vor allem von Games wie ‹Minecraft› oder ‹Fortnite›.» Auch für kleinere Künstler seien virtuelle Konzerte interessant, weil sie so ein internationales Publikum erreichen können.
Im Metaverse können Labels zudem direkt Dinge verkaufen, erklärt Müller: «Nach dem Konzert gibt es zum Beispiel ein digitales T-Shirt, das man in der echten Welt tragen kann. Oder es gibt ein Token, mit dem man ein vergünstigtes Album kaufen kann.»
Der perfekte Popstar?
Dass FN Meka nur digital existiert, bringe auf dem Weg in die Gamewelt Vorteile, sagt Benz: «Dadurch, dass die Figur selbst digital ist, bietet sie einiges mehr an Möglichkeiten. Sie lässt sich viel einfacher vervielfältigen oder man kann zeitgleiche Shows abspielen.»
Benz bezweifelt, dass virtuelle Popstars bald zum Massenphänomen werden: «Es wird mehr davon geben, und sie werden wahrscheinlich in die Spiele integriert sein. Aber ein Massenphänomen werden rein virtuelle Figuren wahrscheinlich nicht.»
Der Versuch, einen komplett digitalen Popstar zu erschaffen, ist bei FN Meka gescheitert. Es werden aber sicherlich weitere Figuren auftauchen, die diesen Versuch fortsetzen.