Es ist nicht irgendjemand, der vor diesem Museum die Tickets kontrolliert, sondern ein international erfolgreicher DJ. «Ihr müsst Euer Ticket online lösen, wir haben hier gar keine Kasse!», entschuldigt sich Andreas Tomalla, der als Talla 2XLC mitgeholfen hat, dem Techno den Weg zu bereiten.
Das «Museum of Modern Electronic Music», kurz MOMEM, wird von einem kleinen Verein getragen. Darum packen alle mit an – auch Tomalla.
Tomalla war es auch, der vor sieben Jahren den Stein ins Rollen brachte. Damals gab er an Schulen im Ausland Workshops zu elektronischer Musik. Dabei sei ihm klar geworden, wie viele spannende Geschichten hinter der Entstehung des Techno stecken – und wie wenig davon recherchierbar sei.
Ode an einen Hotspot
Also brauche es einen Ort, der diese Geschichten festhält, vermittelt und in die Zukunft weiterführt, forderte er. Und weil Frankfurt in den 1980er- und 1990er-Jahren ein Hotspot der Club- und Technoszene war, sollte es dort zu stehen kommen.
Auch Lokalpolitiker erkannten, dass es dem Ruf der als nüchtern geltenden Finanzstadt nützen könnte, ein Techno-Museum zu fördern. Deshalb floss bald das nötige Geld. Es werde weit mehr ins Museum investiert als in die Clubszene selbst, kritisierte man vor Ort.
Mittlerweile ist das MOMEM in einer kleinen Zwischenebene am U-Bahnhof Hauptwache in der Frankfurter Innenstadt angekommen. Vier Räume werden bespielt, allesamt mit schwarzen Wänden und farbigen LED-Lichtern in Club-Atmosphäre eingerichtet.
Wechselnde Ausstellungen sollen hier zu sehen sein. Die erste stellt mit Sven Väth Deutschlands berühmtesten DJ ins Zentrum. 25’000 Platten aus der Sammlung des gebürtigen Frankfurters sind im Museum ausgestellt. Väths schnelle, basslastige Tanzrhythmen klingen aus zahllosen Kopfhörern, die von der Decke baumeln.
Dazu kann man sich via VR-Brille ältere Video-Interviews des Künstlers ansehen. «Tanzen hat mit Rebellion zu tun», erklärt Väth etwa, «und der Umgang damit ist ein Spiegel der Gesellschaft.» Doch statt solch spannende Aussagen in einen Kontext zu setzen, bleiben sie in der Ausstellung unkommentiert stehen.
Kommentarlos wird auch Väths persönliche Foto- und Kunstsammlung präsentiert, die hier in Auszügen zu sehen ist. Gezeigt wird etwa ein grossformatiges Foto von Andreas Gursky, der eine Techno-Party im einst legendären Frankfurter Club «Cocoon» mit einer lauten und dichten Bildsprache festgehalten hat. Ähnlich muss sie Väth selbst einst beim Auflegen erlebt haben.
Auch die bunte Schrift-Installation «Agony und Ecstasy» des Künstlers Tobias Rehberger ziert einen der Ausstellungsräume. Sie sei «ein Leitbild der Clubszene», wie Tomalla erläutert. Er ist wie Gursky und Rehberger mit Väth befreundet.
Nostalgie-Trip
Diese nostalgische Innensicht des Museums lässt Techno-Neulinge aussen vor. Wer sich hier nicht an selbst erlebte Aha-Momente erinnert, nimmt zwar Inspiration, aber wenig Wissen mit.
Die Ausstellung zu Sven Väth sei allerdings erst der Anfang, sagt Tomalla. Man habe noch viel vor: Demnächst können Besucherinnen und Besucher eigenhändig das Auflegen mit Väths Platten ausprobieren. Dazu sind Workshops, Masterclasses für angehende DJs sowie Film- und Diskussionsabende geplant.
Bis es so weit ist, geben im MOMEM sogar die Türsteher als Zeitzeugen Auskunft: «Wenn man einmal in einem Club war, dann weiss man, welche Energie diese Musik schaffen kann», so Tomalla. Es tue gut, «einfach mal loszulassen vom Alltag und alles zu vergessen».
Wenn er als DJ die Leute dahin bringen könne, dass sie alle nur noch tanzten, entstehe ein Symbiose im ganzen Club, schwärmt der 59-Jährige. «Das ist einfach ein Wahnsinnsgefühl!» Es bleibt abzuwarten, wie sehr das Museum diesem Gefühl in Zukunft gerecht werden wird.