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Bild 1 von 8. Die «Gurrelieder» sind die Geschichte von Eifersucht, Intrige und Mord. Und von einem, der das nicht verwindet. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 2 von 8. Das Liebespaar: Waldemar liebt Tove. Die wird bald ermordet werden. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 3 von 8. Der Todesengel – die Gurre. Sie wird Waldemar die Nachricht von Toves Tod überbringen. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 4 von 8. Sie bringt die Botschaft: «Die Geliebte ist tot.» Waldemar (rechts) verliert den Verstand. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 5 von 8. Nach dem Tod der Geliebten: Waldemar allein auf dem Friedhof, Kreuze aus Eisenguss. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 6 von 8. Der Narr als einziger Begleiter. Die Inszenierung schafft berührende Bilder von Trauer, Einsamkeit und Verlorensein. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 7 von 8. Schwebend zeitlos die Inszenierung: In historischen Kostümen und zeitgenössischer Industriearchitektur. Bildquelle: Ruth Walz.
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Bild 8 von 8. Die Regie hat Mut zur Grösse – zahlenmässig und inszenatorisch. Bildquelle: Ruth Walz.
Der Komponist Arnold Schönberg war kein erfolgsverwöhnter Mensch. Nur einmal durfte er einen richtigen Triumph erleben: 1913 in Wien. Bei der Uraufführung seiner «Gurrelieder». Was allerdings nicht lange anhielt. Denn wenig später wurden auch diejenigen Stücke bekannt, die wir heute vor allem von ihm kennen: Die atonalen, die die Musiktradition fundamental auf den Kopf stellen.
Schönberg wie man ihn kaum kennt
Ganz anders klingen hingegen noch die «Gurrelieder»: Eine gross besetzte Kantate für Gesangssolisten, Chor und einen riesigen Orchesterapparat. Sie kommen im spätromantischen Klangrausch daher. Ab und zu «wagnert» es auch richtig.
Allerdings nur oberflächlich. Denn wer das Stück so genau liest und so genau hinhört wie der Regisseur Pierre Audi und der Dirigent Marc Albrecht in der Oper in Amsterdam, der erkennt das Brodeln darin: Die unruhigen, zackig auffahrenden Linien in den Bässen zum Beispiel. Das dichte Netz der musikalischen Stimmen, die auf Konflikte angelegt sind. Und plötzlich sind die spät-romantischen Klangschichten viel aufgekratzter als gewohnt.
Tödliche Liebe
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Aufgekratzt und aufgeraut ist auch die Welt, die Regisseur Pierre Audi auf der Bühne zeigt. In einer kahlen Beton-Industriehalle wird die Liebesgeschichte zwischen Waldemar und Tove angesiedelt. Die endet abrupt: Die eifersüchtige Königin lässt Tove ermorden. Ein schwarzer Todesengel (die Taube von Gurre) verkündet die schreckliche Tat. Und Waldemar wird vor einer mit Blut verschmierten Wand wahnsinnig.
Begleitet und stumm beobachtet wird dies alles auch von einem weiss gekleideten Soldaten mit einem grell leuchtenden Gasballon. Ist das schon der Mond aus Schönbergs späterem «Pierrot lunaire»? Eine Überraschung dann, wenn dieser Soldat im zweiten Teil ebenfalls zu singen anfängt: Er ist der Narr, der das Geschehen kommentiert in einer Welt, die immer mehr ins Absurde abdriftet.
Die Welt am Abgrund
Denn genau diesen Weg kennen auch die «Gurrelieder»; sie entstehen in einer Zeit, die Europa an den Abgrund führt. Schönberg beginnt die Arbeit im Jahr 1900 und hört sein Stück zum ersten Mal, als der Erste Weltkrieg vor der Tür steht. Die Chor-Massen in der Oper Amsterdam tragen Soldatenuniformen und haben als Waldemars wilde Mannen einen Auftritt wie aus der Maschinengewehr-Salve.
So entsteht auf der Bühne ein faszinierend-schillerndes Stück, das irgendwo zwischen Wagners Musikdramen und Alban Bergs «Wozzeck» steht. – Unbedingt reingehen, wer in Amsterdam vorbeikommt!