Was ist passiert? Der türkische Starpianist Fazil Say hätte zwischen dem 23. und 26. Oktober Woche vier Migros-Classic-Konzerte in der Schweiz spielen sollen. Nach einem Israel-kritischem Retweet auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) wurde der Musiker jedoch von der Migros ausgeladen. Seither wird die Entscheidung in den sozialen Medien heiss diskutiert.
Worum ging es in dem Tweet? Fazil Say hatte einen Beitrag des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geteilt, in dem dieser den tödlichen Raketeneinschlag auf das Al-Ahli-Spital im Gazastreifen Israel zuschrieb. Say kommentierte dies als eine «vernünftige Erklärung» Erdogans und forderte, dass Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor Gericht gestellt werden sollte. Während der türkische Präsident später einen zweiten Post verfasste, in dem er Israel nicht mehr verantwortlich machte, blieb Say bei seiner Meinung.
Was war der Hintergrund des Posts? Bei einer Explosion auf dem Gelände des Al-Ahli-Spitals im Gazastreifen kamen nach Angaben der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas über 400 Menschen ums Leben. Hamas beschuldigt Israel, das Spital beschossen zu haben, während Israel von einem Einschlag einer fehlgeleiteten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad spricht. Die Vereinten Nationen haben eine internationale Untersuchung gefordert.
Wie äussert sich die Migros zu den Vorfällen? Auf Anfrage von SRF 2 Kultur schrieb die Medienstelle des Konzerns, die öffentlichen Äusserungen von Fazil Say nach dem Terroranschlag in Israel seien für die Migros «nicht haltbar». Weiter wollte die Migros in ihrer Stellungnahme allerdings nicht darauf eingehen.
Wie hat Fazil Say reagiert? Say bestätigte auf X die Ausladung der Migros und schrieb, er sei für Frieden. Er habe geglaubt, in Europa gelte die Meinungsfreiheit etwas. Was er auf den Sozialen Medien geschrieben habe, lasse er jedoch dort stehen, da alle seine Aussagen im Geiste des Friedens erfolgt seien.
Wer ist Fazil Say? Der Konzertpianist Fazil spielt auf den ganz grossen Bühnen der Welt. Say gilt aber auch als politischer und wortstarker Musiker. Es ist nicht das erste Mal, dass Say wegen eines Tweets Probleme bekam. 2013 wurde der Musiker wegen Beleidigung des Islams zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Say habe sich mit im Internet verbreiteten Kommentaren der Verletzung religiöser Werte schuldig gemacht, zitierten türkische Medien aus dem Urteil.
Fünf Jahre lang musste sich der weltweit renommierte Künstler daraufhin jeden spitzen Kommentar über den Islam oder die gesellschaftliche Veränderungen in der Türkei verbieten.
Fallen die Konzerte nun aus? Die vier Migros-Classic-Konzerte in Zürich, Bern, Genf und Luzern finden nach wie vor statt. Anstelle von Say tritt jedoch der Schweizer Pianist Lois Schwizgebel gemeinsam mit dem City of Birmingham-Orchester auf.