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Musikredaktor Roman Hosek über «Rubberband» von Miles Davis
Aus Kultur-Aktualität vom 11.09.2019. Bild: getty images
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Neues Album von Miles Davis Warum nicht alles Unveröffentlichte veröffentlicht werden sollte

Mitte der 1980er-Jahre wurden die Aufnahmen zu Miles Davis' Album «Rubberband» abgebrochen. Nun erscheint es doch noch.

Mitte der 1980er-Jahre sucht Miles Davis nach einem frischen Sound. Poppiger und funkiger soll seine Musik werden, sie soll eine breitere Masse ansprechen. Er stellt ein Produktionsteam zusammen und nimmt während drei Monaten neues Material auf.

Doch die Plattenfirma findet, die Suche gehe in die falsche Richtung – und stoppt die Aufnahmesession. Die Bänder landen im Regal, Miles Davis versucht etwas Neues.

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Miles Davis und der Pop, mit Hans Feigenwinter und Lukas Frei
aus Jazz Collection vom 19.04.2016. Bild: Keystone
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Zu viel – oder nicht gut genug

Dass aufgenommenes Material nicht veröffentlicht wird, kommt immer wieder vor. Wenn Künstlerinnen einfach loslegen, ohne Schere im Kopf, ist das Resultat in vielen Fällen nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Weil es nicht gut genug ist.

Ein anderer Grund kann sein, dass schlicht zu viel Material da ist, um alles herauszugeben. Beispielsweise bewahrte Prince in seinem Safe Unmengen von unveröffentlichten Aufnahmen auf.

Immer wieder kommt es vor, dass Nachkommen oder Erbverwalter posthum Aufnahmen veröffentlichen. Die Motivation dahinter ist nicht immer klar: Geht es um die Kunst? Oder um Geld?

Worum geht es dem Davis-Neffen?

Diese Frage stellt sich auch beim 1991 verstorbenen Miles Davis: Beim Album «Rubberband» ist Davis’ Neffe Vince Wilburn Jr. die treibende Kraft hinter der Veröffentlichung.

Ein delikates Detail: Vince Wilburn Jr. spielt selber als Schlagzeuger auf den originalen Aufnahmen. Da kommt schnell der Verdacht auf, dass es um Geld und Karriere geht.

Mann mit Kapuzenpullover
Legende: Miles Davis' Neffe, der Schlagzeuger Vince Wilburn Jr., trieb die Veröffentlichung von «Rubberband» voran. Keystone / AP Invision / TAYLOR JEWELL

Ein Remix-Album ohne Original

Am Album «Rubberband» wurde viel gearbeitet. Das originale Audiomaterial wurde geschnitten, kopiert und versetzt. Und es kam viel neues Audiomaterial hinzu. Neu produzierte Schlagzeugbeats etwa, für einige Tracks wurden Gastsängerinnen wie Lalah Hathaway oder Randy Hall eingeladen.

Die musikalische Umgebung, in der Miles Davis’ Trompete erklingt, ist in vielen Stücken so stark verändert worden, dass es sich bei «Rubberband» eigentlich eher um ein Remix-Album handelt. Als solches ist es aber nicht deklariert.

Tropischer Tiefpunkt

Einige Stücke sind so lieblos produziert, dass sich Miles Davis wohl im Grab umdrehen würde. Der Tiefpunkt des Albums ist der auf Tropical-Hit gebürstete Track «Paradise». Er klingt, als würde Miles Davis nicht mal richtig mitspielen – als sei sein Trompetenspiel einfach reingepappt worden.

Nicht alle elf Stücke auf «Rubberband» sind so schwach. Kompositionen wie «See I See» oder «Give it up» zeigen die Entwicklung, in der sich Miles Davis zu dieser Zeit befindet. Eine Entwicklung, die kurze Zeit später auf dem Erfolgsalbum «Tutu» (1986) hörbar ist. Und doch: Als ganzes Album funktioniert «Rubberband» nicht.

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