Was ändert sich? Bisher bezahlte Spotify jedes Mal, wenn ein Titel länger als 30 Sekunden lang gespielt wurde, einen bestimmten Betrag. Für diesen sogenannten «Play» erhielten Rechteinhaberinnen und -inhaber Tantiemen in der Höhe von durchschnittlich 0,004 Franken – einen recht geringen Betrag. Neu gibt es nicht mehr für jeden Play Geld: Spotify bezahlt nur noch Songs, die jährlich mindestens 1000 Plays generieren. Betroffen davon sind unzählige Musikschaffende: Nur gerade ein Drittel der über 100 Millionen Songs auf Spotify erreichen diese 1000 Plays pro Jahr.
Warum diese Änderung? Spotify begründet die Änderung unter anderem damit, dass so Missbrauch und musikalische Inflation verhindert werden können – also das Problem, dass immer mehr neue Musik einer mehr oder weniger konstant grossen Hörerschaft gegenübersteht. Zudem ist laut Spotify in der Vergangenheit viel Geld versickert: Bei der Auszahlung von Kleinbeträgen seien die Transaktionskosten oft grösser als die Tantiemen selbst. Die Gebühren hätten jährlich 40 Millionen Dollar verschlungen. Es ist anzunehmen, dass auch betriebswirtschaftliche Gründe eine Rolle spielen: Spotify hat seit seiner Gründung 2006 nur selten schwarze Zahlen geschrieben.
Was sagen Musikschaffende? Für grosse Stars hat die neue Regelung keine negativen Folgen. Weniger bekannte Musikschaffende zeigen sich hingegen enttäuscht von Spotify. Gerade in einem kleinen Markt wie der Schweiz wird nun ein Grossteil der Songs nicht mehr vergütet. Betroffen seien selbst bekannte Künstlerinnen und Künstler, sagt Christoph Trummer, Präsident der Schweizerischen Interpretengenossenschaft SIG: «Ich weiss von einer grösseren Schweizer Mundart-Band, dass auch bei ihnen um die 70 Titel nicht mehr bezahlt werden fortan.» Er hält es für respektlos von Spotify, Musikschaffenden zu sagen, ihre Musik sei ab jetzt nichts mehr wert.
Gäbe es eine bessere Lösung? Trummer kann die Argumente von Spotify teilweise nachvollziehen. Zum Beispiel, dass bei Kleinbeträgen viel Geld versickere. Trotzdem empfindet er die Änderung als willkürlich. In der Regel bieten Musikschaffende mehr als nur einen einzelnen Song an. Wenn es unter diesen Songs auch nur einen habe, der die 1000er-Marke schafft, würden die Transaktionskosten sowieso anfallen, sagt Trummer. Dann könnte man auch gleich alle anderen Songs vergüten. Statt einer Pauschalregel bei den Songs, schlägt Trummer deshalb vor, dass man die gesamten Plays einer Künstlerin oder eines Künstlers messe. Seien diese hoch genug, müsse das ganze Repertoire vergütet werden.
Können sich Musikschaffende wehren? Das Urheberrecht sieht vor, dass jegliche Nutzung von Musik vergütet wird. Insofern scheint die neue Regelung gesetzeswidrig. Trotz Petition und politischer Vorstösse dürfte es aber für Musikschaffende schwierig werden, die neue Regelung zu bekämpfen. Gerade auch, weil Spotify die drei grössten Plattenlabels Universal, Sony und Warner vertraglich im Rücken hat. Auch denen kommt die neue Regelung entgegen, da sie kaum unbekannte Musikerinnen und Musiker unter Vertrag haben.