Wogegen protestiert Neil Young? Der kanadische Musiker wirft Spotify vor, das Coronavirus zu verharmlosen und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Young forderte von der Streaming-Plattform, namentlich den Podcast des umstrittenen, aber sehr populären US-Comedians Joe Rogan aus dem Angebot zu nehmen. Andernfalls ziehe er sämtliche Songs von Spotify ab. Die Plattform entschied sich für Rogan.
Ist das der Anfang einer Grundsatzdiskussion? «Die ist schon am Laufen», sagt der SRF-Digitalexperte Jürg Tschirren. Zuvor hatte sich schon eine Gruppe von 270 Wissenschaftlerinnen und Gesundheitsexperten in einem offenen Brief an Spotify gewandt und Massnahmen gegen den Podcast von Joe Rogan gefordert. Doch nicht nur Spotify stehe in der Kritik, sagt Tschirren: «Auch andere Social Media Plattformen wurden schon mit dieser Kritik konfrontiert, allen voran Facebook.»
Ist der Spotify-Rückzug von Neil Young überhaupt möglich? Möglich ist er, aber es ist kompliziert. Denn die Musikrechte liegen in der Regel nicht bei den Musikern und Musikerinnen, sondern bei Plattenfirmen oder sogar Dritten. Neil Youngs Label Warner Music hat sich aber jetzt hinter ihn gestellt und Spotify gebeten, Youngs Musik von der Plattform zu nehmen.
Kann es zum Problem für eine Streaming-Plattform werden, wenn ein Künstler seine Werke abzieht? Wenn es sich nur um einen einzelnen Künstler handelt, wohl kaum. Man entscheide sich zwar auch wegen der vertretenen Künstlerinnen und Künstler für eine Plattform. «Ich kann mir aber schwer vorstellen, dass jetzt viele Leute Spotify den Rücken kehren, nur weil sie Neil Young dort nicht mehr hören können», meint SRF-Digitalredaktor Jürg Tschirren. Zumal viele Youngs-Fans nicht auf Streaming angewiesen sein werden, um seine Musik zu hören.
Was bringt der Trubel Spotify? Zusätzliche Aufmerksamkeit hat Spotify kaum nötig. Allerdings sei der Streaming-Dienst die Kooperation mit Rogan 2020 kaum blind eingegangen, sagt Jürg Tschirren: «Joe Rogan und sein Podcast waren schon damals dafür bekannt, dass sie auch Stimmen weit ab vom Mainstream zu Wort kommen lassen. Spotify hat das in Kauf genommen, weil mit Joe Rogan auch all seine Fans auf die Plattform wandern konnten». Gut 200 Millionen Leute hören sich jeden Monat Rogans Podcast an.
Was tun Streaming-Plattformen wie Spotify gegen Corona-Falschinformationen? Spotify selbst gibt an, sie hätten über 20’000 Podcast-Episoden gelöscht, die mit Covid-19 zu tun gehabt hätten. Auch Plattformen wie YouTube, Twitter oder Facebook haben mittlerweile viele entsprechende Inhalte gelöscht oder versehen diese mit Warnhinweisen, wenn die Informationen über Covid-19 umstritten sind.