Kalt liess dieses Album im Dezember 2006 kaum jemanden. Noch konnte man nicht ahnen, dass «Back to Black» der schlampig gekleideten Londonerin mit der pechschwarzen Mähne einen internationalen Kometenstart bescheren sollte.
Kaum wurde erkennbar, dass hier eine musikhistorische Marke gesetzt wurde. Denn «Back to Black» liess sich da einfach als stimmige Retrosoul-Produktion geniessen.
Und die hinreissenden, nachtschwarzen Sumpf-, Drogen- und Liebeskrampf-Lieder wirkten wie virtuose Pirouetten dieser Amy Winehouse: auf dem hohen Seil zwischen Himmel und Absturz. Eine irgendwie klassische Blues-Pose.
Toxische Lyrics
Die darauf einsetzende, unerbittliche Abwärtsspirale in der Biografie der Sängerin sorgte schon zu Lebzeiten für Irritation. Das schmollende «No no no» zum Entzug und das düstere «You know I’m no good» klangen plötzlich nach echter Gefahr.
Und spätestens mit den weltweit verbreiteten Bildern des besinnungslos über die Bühne stolpernden Stars hatten diese Lieder etwas Toxisches bekommen.
Die wahre Amy
Als Amy Winehouse im Dezember 2006 ins irische Dingle kam, war sie zwar verspätet. Sie hatte den Schlagzeuger in London zurück gelassen, weil im wetterbedingt überbuchten Flugzeug kein Platz mehr für ihn gewesen war.
Aber sie war – begleitet von Gitarre und Bass – konzentriert, inspiriert, und sie eroberte die 85 Leute in der Kirche im Handumdrehen. Glücklicherweise wurde dieses Ereignis in einer Filmserie über das Dingle-Festival dokumentiert.
Erweitert um Radiointerviews vom gleichen Ort, in denen Amy Winehouse über ihre tiefe Liebe zu Gospel und Jazz sprach und ihren Heldinnen Tribut zollte, ist der Film vor allem eines: Genau das richtige Mittel, um alle erbärmlichen, tragischen, voyeuristischen Szenen eines öffentlichen Niedergangs vergessen zu machen.
Hier singt und spricht eine junge Frau, deren Talent für drei Karrieren gereicht hätte. Eine Frau, die es verdient, als grosse Jazz-, Blues- und Soulstimme erinnert zu werden.