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Handy, auf dem das Spotify-Logo zu sehen ist, vor einem bunten Hintergrund
Legende: Künftig wird man kein Plattenlabel mehr brauchen, um seine Musik auf Spotify unterzubringen. Getty Images / SOPA Images / Kontributor

Upload für alle Spotify sagt Plattenlabels den Kampf an

Neue Töne bei Spotify: Beim Streamingdienst soll jeder selbst Musik hochladen können. Stellt das den Musikmarkt auf den Kopf?

«Das ist ein Angriff auf die Labels», sagt Christoph Trummer. Der Mundartmusiker ist Vorstandsmitglied beim Berufsverband der freischaffenden Musikerinnen und Musiker in der Schweiz. Was ihm Sorgen bereitet, ist eine aktuelle Ankündigung des Streamingdienstes Spotify.

Dabei klingt die Neuerung, die der Marktführer unter den Streamingdiensten freudig angekündigt hat, erstmal nach einer guten Nachrichten für Musiker.

Spotify hat nämlich einen neuen Dienst vorgestellt, mit dem Künstler ihre Musik direkt auf Spotify hochladen können – kostenlos. Das Tool ist noch in der Testphase und erst für einige wenige US-Künstler zugänglich.

Sollte es aber weltweit verfügbar werden, wäre das eine bedeutende Veränderung: Um Songs auf Spotify zu veröffentlichen, brauchte man bisher ein Plattenlabel oder einen sogenannten Aggregator – einen digitalen Vertrieb, der bei Spotify Songs hochladen darf.

Die Hälfte geht an den Künstler

Die Präsenz auf Spotify kostete Künstler bisher Geld: Plattenlabels und Aggregatoren behalten einen Anteil der Einnahmen für sich. Spotify verspricht, dass mit dem neuen Modell die Hälfte der Einnahmen direkt an die Künstlerin geht.

Für Musiker klinge das durchaus verlockend, findet Lorenz Haas, Geschäftsführer des Schweizer Branchenverbandes der Musiklabels IFPI: «50 Prozent der Einnahmen klingt auf den ersten Blick attraktiver als, sagen wir 20 Prozent unter einem Deal mit einem Label oder einem Aggregatoren».

Dass Künstler deshalb künftig lieber ohne ein Label im Rücken ihr Glück versuchen, befürchtet er jedoch nicht: «Ein Label erbringt für den Anteil, den es nimmt, auch eine Gegenleistung: die Promotion.» Und die bringe der Künstlerin schliesslich mehr Einnahmen. 20 Prozent eines grossen Kuchens sei eben vielleicht mehr als 50 Prozent eines kleinen, sagt Haas.

In einer Flut von Songs

Tatsächlich ist das Hochladen der Musik auf Spotify nur der erste und vielleicht einfachste Schritt auf dem Weg zum Erfolg. Es gibt schon jetzt so viel neue Musik auf Spotify, dass ein grosser Teil gar nicht gehört wird. Aus dieser Flut herauszustechen, bleibt die grösste Herausforderung für einen Künstler. Hier bieten Plattenlabels Unterstützung.

Warum also sorgt sich der Musiker Trummer um die Plattenlabels? Schliesslich schätzt auch er Labels als Partner, die Musikern beim Vertrieb unterstützen und mit Know-How zur Seite stehen.

Neues Ungleichgewicht

Christoph Trummer fürchtet, dass es der Streaminganbieter tatsächlich auf die Aggregatoren und die Labels abgesehen hat: «Spotify ist auf jeden Fall daran, auszuloten, wie weit man in die eigentliche Label-Arbeit hineinwildern kann.»

Junger Mann mit blauen Hemd.
Legende: Für Musiker Trummer ist die neue Upload-Funktion eine zwiespältige Angelegenheit. Keystone

Das könnte zu einem Ungleichgewicht führen, wenn Musiker mit Spotify Tarife verhandeln: «Bei Verhandlungen mit Spotify sind Labels für uns wichtige Partner. Wenn künftig nur noch einzelne Acts Vertragspartner sind, wird man kaum eine gute Verhandlungsbasis haben.»

Was hat Spotify vor?

Hinter dem kostenlosen Upload für alle könnte möglicherweise die Absicht stehen, die Verhandlungsposition der Musiker zu schwächen, vermutet Trummer.

Lorenz Haas vom Labelverband IFPI sieht hingegen handfestere Gründe für den neuen Dienst: Bisher gebe Spotify den Labels etwas mehr als 50 Prozent der Einnahmen ab - mit dem neuen Modell ist es mit genau 50 Prozent ein bisschen weniger. «So kann Spotify seine Marge vergrössern», sagt Haas.

Spotify schreibt in seiner Mitteilung, das neue Tool sei häufig von Musikern gewünscht worden – diesem Wunsch komme man nun nach.

Einen grossen finanziellen Nutzen dürfen Musikerinnen und Musiker von der Änderung bei Spotify kaum haben. In diesem Punkt sind sich Musikschaffende und Labels einig: Ganz ohne Label werden es Musiker auch in Zukunft nur in Ausnahmefällen zu Erfolg bringen.

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