Fledertiere tun’s, Vögel tun’s und bekanntlich tun’s auch die Insekten. Alle drei Tiergruppen können fliegen und sind damit erfolgreich. Die Fähigkeit zu fliegen machte sie mobil, schnell und schlau.
Sie bevölkern praktisch alle Regionen der Erde und gehören zu den artenreichsten Gattungen. Das galt einst auch für die Flugsaurier.
Diese fliegenden Schwergewichte stürzten jedoch während des grossen Sauriersterbens vor 65 Millionen Jahren für immer ab.
Exzentrische Flieger
In der über drei Milliarden Jahre alten Geschichte des irdischen Lebens, hat die Evolution die Kunst des Fliegens vier Mal unabhängig voneinander hervorgebracht (siehe Box). Die Insekten waren die ersten, die vor 400 Millionen Jahren ihre zarten Flügel ausbreiteten.
Erst sehr viel später sollten die ersten Flugsaurier und Vögel abheben. Als letzte wurden mit den Fledertieren auch die Säugetiere flügge. Alle vier Gruppen haben erstaunliche Exzentriker hervorgebracht:
Das Taubenschwänzchen
«Wir haben in unserm Garten einen Kolibri gesehen». Wenn in Schweizer Fachstellen eine solche Meldung eingeht, dann wissen die Fachleute, da wurde kein Vogel, sondern ein Falter gesichtet. Denn das Taubenschwänzchen, ein Tagfalter aus der Familie der Schwärmer, ist ein ausgezeichneter Flieger.
Es kann wie ein Kolibri im Schwirrflug vor den Blüten in der Luft stehen und wenn ein Fressfeind auf der Blüte lauert, auch rückwärts davonfliegen. Möglich machen dies die extrem schnellen Flügelbewegungen in Form einer liegenden acht. Die Schlagfrequenz beträgt bis zu 90 Schläge in der Sekunde.
So gelingt es den Faltern 100 Blüten pro Minute auszusaugen. Doch das Taubenschwänzchen ist nicht nur schnell, es hat als Wanderfalter auch Ausdauer und legt auf seinen Flügen von Europa nach Afrika schon mal Distanzen von bis zu 3’000 Kilometern zurück.
Die Thripse
Fliegen kann anstrengend sein – vor allem der Start kostet meist viel Energie. Doch es gibt auch Tiere, die abheben, ohne es zu wollen. Dabei handelt es sich um Mini-Flieger unter den Insekten, wie beispielsweise die Thripse oder der Fransenflügler. Mit einer Grösse von lediglich einem halben Millimeter müssen manche von ihnen geradezu fliegen.
Sie sind so klein und leicht, dass jede noch so geringe Luftbewegung sie sofort in die Höhe trägt. Für diese Winzlinge mit ihrer geringen Masse ist die Luft klebrig und träge – ähnlich wie für uns Menschen das Wasser.
Tatsächlich fliegen diese Insekten nicht, sondern sie schwimmen oder rudern gar in der Luft. Entsprechend sind ihre Flügel geformt wie kleine Paddel.
Der Flugsaurier
Zu den Flugsauriern gehören die grössten Tiere, die je geflogen sind. Der Quetzalcoatlus northropi brachte es auf eine Flügelspannweite von bis zu 12 Metern. Ein solch ausgewachsener Saurier mit einem Körpergewicht von rund 90 Kilogramm konnte nicht mehr aus Eigenkraft fliegen.
Ähnlich wie Albatrosse waren die mächtigen Flugsaurier vermutlich geschickte Gleiter. Die Fischjäger dürften die Luftwirbel und leichten Aufwinde, die sich ständig unmittelbar über der Meeresoberfläche bilden, genutzt haben. Selbst geringe Windstärken reichen zum Beispiel den Albatrossen aus, um mehrere hundert Kilometer ohne einen Flügelschlag zurückzulegen.
Weniger elegant sehen Start und Landung solcher Gleiter aus. Fossile Spuren verraten, dass die Flugsaurier bei der Landung nicht sauber aufsetzten, sondern noch einige Schritte rannten oder eine Bauchlandung machten.
Der Falke
Falken beherrschen hinsichtlich Fluggeschwindigkeit die Extreme. Sie können in der Luft stehen bleiben, um nach Beute Ausschau zu halten. Wenn sie diese gesichtet haben, stürzen sie mit einer Geschwindigkeit von über 200 Kilometern pro Stunde mit an den Körper gelegten Flügeln Richtung Boden.
Der so genannte Rüttelflug ähnelt dem Schwirrflug der Kolibris. Vögel, die den Rüttelflug beherrschen, müssen zum einen so stark mit den Flügeln schlagen, dass sie die Höhe halten können. Zum anderen müssen sie Vorwärtsbewegungen verhindern.
Dies gelingt ihnen mit einem so grossen Anstellwinkel (das Kippen der Flügelvorderkante nach oben), dass der Flügelschlag keinen Vortrieb, stattdessen aber hohen Auftrieb erzeugt. Den Rüttelflug beherrschen neben einigen Vogelarten auch manche Fledermaus- und Insektenarten.
Die Streifengans
Strecken- und Geschwindigkeitsrekorde sind faszinierend. Doch die Streifengänse, die in Zentral- und Südasien leben, halten den Höhenrekord. Während Honigbienen eine Flughöhe von drei bis vier Metern bevorzugen, Zugvögel sich auf einer Höhe von 200 bis 1'000 Metern bewegen und Kondore in den Anden in Höhen von bis zu 6000 Metern segeln, erreichen Streifengänse eine Höhe von über 9'000 Metern.
Dann, wenn sie auf dem Flug zwischen Winter- und Brutquartier den Himalaya überqueren. Da sind sie gelegentlich auch schon beim Flug über den Mount Everest gesichtet worden. Trotzdem leiden die Tiere nicht an Sauerstoffmangel.
Der Grund dafür liegt in einer genetischen Mutation ihres roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin). Anders als bei Säugetieren oder anderen Vögeln kann das Hämoglobin der Streifengans selbst bei sehr niedrigem Druck schnell Sauerstoff aufnehmen. Im Hinduismus gilt die Streifengans noch heute als Symbol für den Gott Brahma, den Schöpfer des Alls.
Die Mexikanische Bulldoggfledermaus
Fledermäuse wirken beim Fliegen oft flatterhaft. Kaum jemand würde bei ihnen hohe Fluggeschwindigkeiten vermuten. Doch Fledermäuse fliegen in der Regel drei bis fünf Meter in der Sekunde.
Ihre Beute bemerken sie jedoch lediglich eine bis zwei Sekunden bevor sie sie erreichen. Daher müssen Fledermäuse blitzschnelle Wendemanöver vornehmen. Den Geschwindigkeitsrekord hält seit kurzem die mexikanische Bulldoggfledermaus, die die Flaschen des Bacardi-Rums ziert.
Forscher bestückten die lediglich ein paar Gramm schweren Tierchen mit Peilsendern und massen Fluggeschwindigkeiten von bis zu 160 km/h. Allerdings nur bei den Weibchen. Die Männchen waren ein wenig gemütlicher unterwegs.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kontext, 3.1.2018, 9.03 Uhr