In der Schweiz gehört die Luftfahrt zu den klimaschädlichsten Sektoren, denn wir sind ein Land von Vielfliegern. 2019 verursachte die Fliegerei nach Berechnungen des WWF 29 Prozent der Emissionen und lag damit vor dem Strassenverkehr und der Industrie. Die Flugindustrie arbeitet weltweit mit Hochdruck daran, den Luftverkehr sauberer zu machen, schnelle Lösungen sind aber nicht in Sicht.
CO2 neutrales Kerosin ist eine Möglichkeit, aber sehr teuer. Mit Strom statt mit Kerosin zu fliegen, wäre die andere. Während E-Autos in der Schweiz heute schon zum Alltag gehören, sieht man kaum E-Flugzeuge. Ein Grund dafür sind die strengen Sicherheitsvorkehrungen in der Luftfahrt. Bis ein E-Flugzeug die Zertifizierung erhält, dauert es oft Jahre.
Kleine E-Flieger für Flugstunden
Das weltweit einzige E-Flugzeug, das bisher eine Zertifizierung in der Schweiz erhalten hat, ist das Pipistrel Velis aus Slowenien, ein Kleinflugzeug mit Platz für zwei Personen. Aufgrund seiner kurzen Flugdauer von maximal 50 Minuten wird das Velis Electro als Schulungsflugzeug eingesetzt.
Beim Flugplatz Schänis ist der elektrische Flugtrainer bereits im Einsatz. Fluglehrer Marco Buholzer ist begeistert. Für ihn war das Lärmargument und die Effizienz des Flugzeugs bei der Anschaffung entscheidend. «Wir brauchen fünfmal weniger Energie als mit einem Verbrennungsmotor. Und wir wollten auch Kosten einsparen: Einmal Laden kostet ca. fünf Franken, damit können wir 45 Minuten fliegen.»
Reichweite in fünf bis zehn Jahren verdoppeln
Dass elektrische Motoren in der Luft Sinn machen, bewiesen die Schweizer Pioniere Bertrand Piccard und André Borschberg als erste. Mit ihrem E-Flugzeug «Solarimpulse» schafften sie 2012 den ersten Interkontinentalflug.
«Die Industrie glaubt, dass vor allem der Regionalverkehr für Elektroflieger geeignet ist, weil man dort auch mit kleineren Flugzeugen sehr effizient fliegen kann», so der Experte. Aber das Gewicht der Batterien ist ein limitierender Faktor, denn die Flieger können nur rund eine Stunde in der Luft bleiben. Doch Borschberg ist zuversichtlich, dass sich das bald ändert: «Heute fliegt man mit einem elektrischen Flugtrainer maximal 1 ½ Stunden, in fünf bis zehn Jahren können wir das verdoppeln.» Ein erstes elektrisches Kleinflugzeug für vier Personen von H55 ist in den Startlöchern – Borschberg erwartet die Zertifizierung auf Mitte 2024.
Heutige Batterien für grosse Passagierjets zu schwer
Bei elektrischen Kleinfliegern ist das hohe Batterien-Gewicht weniger problematisch als bei grossen Flugzeugen. Die Flugzeugindustrie und erste Airlines treiben die Entwicklung von elektrischen Antrieben für grosse Passagierjets voran, aber sie sind noch für Jahre keine Option.
Heutige Batterien sind viel zu schwer – die grossen Jets könnten gar nicht abheben. In den nächsten Jahren sind E-Flugzeuge nur bei kleineren Passagierjets zu erwarten. Wie viele das sind und wie weit sie fliegen, hängt von der Entwicklung der Batterien ab. Der erste Elektro-Städteflug in Europa wird wohl noch ein paar Jahre auf sich warten lassen.