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Die Wetterbilanz 2024 Schon wieder: zu warm, zu nass und auch noch grau

Weltweit gesehen ist 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen, noch vor 2023. Auch in der Schweiz gehört 2024 zu den wärmsten, wenn auch 2022 und 2023 wärmer waren. Wie schon im Vorjahr fiel überdurchschnittlich Niederschlag, und dazu war es oft trüb.

Global gesehen dürfte 2024 das wärmste Jahr seit Messbeginn werden, noch vor 2023. Besonders die erste Jahreshälfte 2024 war deutlich wärmer als im Jahr zuvor, während im zweiten Semester die Temperaturen im bisherigen Rekordjahr 2023 knapp höher lagen. Von Juni 23 bis Juni 24 war jeder Monat der wärmste in der Messreihe. Erst im Juli 24 lag die Mitteltemperatur wieder unter dem Vorjahreswert. Schon im August 24 erreichte die Monatsmitteltemperatur vorübergehend wieder Vorjahresniveau. Auch in der Schweiz lagen die Temperaturen im zu Ende gehenden Jahr weit über der klimatologisch-relevanten Norm der Jahre 1961 bis 1990. Insgesamt wird 2024, nach den beiden Vorjahren, als voraussichtlich drittwärmstes Jahr in die Annalen eingehen, noch vor 2020 und 2018.

 

Im Durchschnitt mehr als 2½ Grad zu warm

Insgesamt lag die Temperatur in unserem Land mehr als 2½ Grad über der klimatologisch-relevanten Norm. Besonders gross war die Abweichung im Osten unseres Landes. Auf dem Säntis mit 2,8 und in Chur mit 2,9 Grad Temperaturabweichung ist sogar nicht auszuschliessen, dass 2024 als wärmstes Jahr der neueren Geschichte in die Annalen eingehen könnte.

Blick auf Chur
Legende: Fast 3 Grad zu warm In Chur war 2024 sehr warm. Das hatte auch mit den vielen extremen Föhnphasen zu tun. Meinrad Schmid

Am geringsten war die Temperaturabweichung in der Südschweiz mit einem Wert von rund 2,3 Grad. Dort war 2024 nur das drittwärmste Jahr. Auch im Wallis und in der Romandie betrug die Temperaturabweichung ziemlich genau 2½ Grad. In Sitten war 2024 im Übrigen «nur» das sechstwärmste Jahr. Dort waren nicht nur die beiden Vorjahre wärmer, sondern auch 2018 und 2019 sowie 2014.

 

Phasenweise extrem, dann wieder nur mässig warm

In einer Reihe von sehr warmen Monaten übertrumpfte der Februar alles. Es war an den meisten Orten der wärmste Februar seit Messbeginn. In St. Gallen lag die Monatsmitteltemperatur sagenhafte 6,6 Grad über der klimatologisch-relevanten Norm. Aber auch sonst lag der Februar 4 bis 6 Grad über der Norm. Der Februar 2024 brachte den zweitgrössten Temperaturüberschuss. Nur der Juni im «Jahrhundertsommer» 2003 lag bei der Temperaturabweichung noch minimal höher. Sehr grosse Temperaturabweichungen nach oben wiesen auch der Monat August, sowie Januar, März und Oktober auf. Nur wenig über der klimatologischen Norm lagen die Monate April und November sowie ganz besonders der September. Auf dem Jungfraujoch lag damals die Monatsmitteltemperatur sogar 1,0 Grad unter der Norm 1961 bis 1990, auf dem Säntis wurde der Normwert gerade erreicht. Vergleicht man aber mit dem sogenannten Erwartungswert der Jahre 1991 bis 2020, so war es an zahlreichen Stationen deutlich zu kühl, aber auch im April und im November lag man teilweise unter dem Erwartungswert 1991 bis 2020.

 

Bullenhitze blieb aus

In diesem Jahr blieb die Schweiz von absoluten Höchsttemperaturen verschont. Die höchste Temperatur wurde mit 36,4 Grad am 11. August in Biasca gemessen.

Automatische Wetterstation in Biasca
Legende: Wetterstation in Biasca Am 11. August wurden an der Wetterstation in Biasca 36,4 Grad gemessen, das war der Jahreshöchstwert in der Schweiz 2024. FB

Nördlich der Alpen bedeuteten 35,4 Grad in Basel die Höchsttemperatur. Dabei ist besonders das Datum bemerkenswert. Dieser Höchstwert wurde erst am 24. August gemessen, also einen Tag nach den Hundstagen, der eigentlich heissesten Phase des Jahres. Im Vorjahr wurde der nationale Höchstwert ebenfalls erst am 24. August gemessen. Die Temperatur war mit 39,3 Grad damals aber deutlich höher. Späte Höchsttemperaturen deuten auf mehr Wasserdampf in der Atmosphäre hin, da die Atmosphäre länger braucht, um sich zu erhitzen. Vergleicht man den Jahreshöchstwert mit absoluten Rekorden, dann ist die Differenz gross. Nach wie vor unangetastet bleibt der gemessene nationale Höchstwert von 41,5 Grad vom 11. August 2003 in Grono. Auch in einer anderen Sphäre bewegt sich der Rekord für die Alpennordseite mit 39,7 Grad. Dieser datiert weiterhin vom 7. Juli 2015, gemessen am Flughafen Genf.

 

Kältewellen für Warmduscher

Die Schweiz erlebte im vergangenen Winter zwei kältere Phasen, die eine um den 13. Januar und die zweite eine Woche später, also um den 20. Januar. In Buffalora am Ofenpass sank die Temperatur am 20. Januar auf -28,0 Grad, den nationalen Jahrestiefstwert. Dieser lag im Vorjahr bei -25,8 Grad.

Blick auf den winterlichen Inn bei Samedan.
Legende: Eisiges Engadin Im Januar sanken die Temperaturen im Engadin teilweise unter -25 Grad. Monika Baumüller

Von Kältewelle konnte 2024 aber nicht wirklich die Rede sein. Als absoluter Tiefstwert in der Schweiz gilt nach wie vor -41,8 Grad, gemessen am 12. Januar 1987 in La Brévine im Neuenburger Jura. Die tiefste Mittellandtemperatur wurde 2024 mit -15,0 Grad im thurgauischen Aadorf registriert, dies ebenfalls am 20. Januar.

 

Üppiger Niederschlag

Wie schon im Vorjahr war es an den meisten Orten in der Schweiz nasser als sonst. Während sich im Westen die Niederschlagsmengen meist nur knapp über der Norm befinden, war es im Osten und Süden deutlich zu nass. In St. Gallen fiel rund 1/3 mehr Niederschlag als im langjährigen Schnitt und ähnlich viel wie im Vorjahr.

Die Thur überschwemmte am 1. Juni auch ihr Vorland.
Legende: Hochwasser an der Thur In der Nordostschweiz gab es besonders Ende Mai und Anfang Juni grosse Regenmengen. Gepaart mit Schmelzwasser führte dies zu Hochwasser. Yvonne Müller

In Lugano betrug der Niederschlagsüberschuss knapp 15 Prozent. Speziell war die Situation auf dem Säntis. Dort wurde zwar auch knapp 10 Prozent mehr Niederschlag verzeichnet als sonst, im Vergleich zum Vorjahr waren es aber rund 1000 Millimeter weniger. 2023 war auf dem Säntis seit mehr als 100 Jahren das nasseste Jahr. Die Niederschlagsmessungen auf dem Säntis sind aber immer mit Vorsicht zu geniessen, da Schneedrifteffekte das Resultat stark beeinflussen können. 2024 zeigt aber auch einmal mehr, dass entgegen einer weit verbreiteten Meinung, die Jahresniederschlagsmengen in der Schweiz mehr oder weniger konstant bleiben oder sogar leicht zunehmen. Allerdings bleiben die Jahr-zu-Jahr-Schwankungen weiterhin viel grösser, als Veränderungen im Trend. Oft gibt es auch in der Vegetationsphase lange trockene Phasen, die zu temporärer Trockenheit führen können. Die zunehmende Bodenversiegelung und Bodenverdichtung führen dazu, dass der Niederschlag immer schlechter in den Boden eindringen kann. In diesem Jahr war vor allem die erste Jahreshälfte an vielen Orten allerdings sehr nass. Trotz zahlreichen Unwettern mit grossen Schäden war danach der meteorologische Sommer an vielen Orten sogar zu trocken.

 

Rekordschnee in den Bergen, trotzdem starke Gletscherschmelze

Im vergangenen Winter gab es oberhalb von 2500 bis 3000 Metern sehr grosse Schneemengen, die zwischenzeitlich sogar im Rekordbereich lagen. Da es auch lange Zeit trüb blieb, war man optimistisch, dass sich die Gletscherschmelze in diesem Jahr in engen Grenzen halten würde.

Blick auf den Aletschgletscher am 4. August.
Legende: Das Leiden der Gletscher Anfang August war der Aletschgletscher völlig ausgeapert. Entsprechend führte der sehr warme August zu einer starken Gletscherschmelze, nicht nur am Aletschgletscher. Michael Stoll

Dem war nicht so. Der sehr warme Spätsommer und auch die Verunreinigung der Schnee- und Eisflächen mit Saharastaub führten wiederum zu einer starken Gletscherschmelze.

Die grauen Pisten zwischen rötlichem Schnee in San Bernardino am 30. März.
Legende: Saharastaub Der viele Saharastaub setzte Schnee und Eis im Frühling und Frühsommer extrem zu. Anya Censi

Gemäss GLAMOS verloren die Schweizer Gletscher bis zum 30. September 2,3 Volumenprozent ihres Eises. Immerhin ist das deutlich weniger als in den beiden Vorjahren als die Schweizer Gletscher insgesamt mehr als 10 Prozent ihrer Masse verloren.

 

Graue Maus

In den meisten Gemeinden wurden Herr und Frau Schweizer nicht gerade mit Sonnenschein verwöhnt. Besonders im Westen machte sich die Sonne rar, aber auch in der Sonnenstube der Schweiz, dem Tessin, war der Sonnenschein nicht üppig. Damit hebt sich das aktuelle Jahr deutlich von den letzten Jahren ab, die meist sonniger waren als noch die Jahre im letzten Jahrhundert.

Meteo und Tagesschau, 15.12.2024

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