Seit Tagen war davon die Rede, dass uns zum Jahreswechsel extrem warme Luft erreichen würde. Aufgrund der Wettermodelle musste man vom wärmsten Jahreswechsel seit Messbeginn ausgehen, und dies, obwohl schon der Jahreswechsel 2021/22 so warm war wie noch keiner zuvor. Bei der klimatologischen Einordnung eines einzelnen Kalendertages ist allerdings grösste Vorsicht geboten, da sie oft Zufälligkeiten unterliegt und weder klimatologisch noch statistisch von grosser Bedeutung ist. Dies war an Silvester aber anders. Es wurden so hohe Werte gemessen, dass sie sogar in den Bereich von Monatsrekorden vorstiessen.
20,9 Grad in Delsberg, das gab es an Silvester noch nie
In Delsberg wurden am frühen Nachmittag 20,9 Grad gemessen. Das lag nicht nur deutlich über dem alten Silvesterrekord aus dem Jahre 2018 mit 18,7 Grad in Grono, sondern sogar noch über dem Höchstwert für den Jahreswechsel mit 20,6 Grad in Lugano am 1. Januar 1917. Nebst Delsberg verzeichneten diverse weitere Jurastationen an Silvester 2022 den zweithöchsten Dezemberwert überhaupt, so auch Rünenberg, La Brévine und La Chaux-de-Fonds. An all diesen Stationen gab es bis jetzt nur einen wärmeren Dezembertag, nämlich den 16. Dezember 1989. Allerdings war es damals in Delsberg nochmals 2.7 Grad wärmer. In Güttingen, Engelberg und Plaffeien gab es überall den dritthöchsten Dezemberwert seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen. In der Deutschschweiz war es verbreitet der wärmste Silvester, im Westen nur vereinzelt, und im Süden war man meilenweit davon entfernt. Dort lag deutlich kühlere Luft, und die Höchstwerte erreichten nur rund 10 Grad.
Faktor Wind
Für die bereits hohen Temperaturen in der Nacht auf Silvester waren primär 2 Faktoren verantwortlich: Die extrem warme Luftmasse und der starke, teilweise stürmische Südwestwind. Die Luftmasse hatte ihren Ursprung, im subtropischen Bereich des Atlantiks. Ähnlich wie im letzten Jahr, als Warmluft von Florida kam, erreichte uns auch jetzt Luft aus Florida, die südlich der Azoren über den Atlantik zog. In den tieferen Schichten gesellte sich noch Luft von den Kanaren dazu. Über dem europäischen Kontinent sank die warme Höhenluft und erwärmte sich zusätzlich. Dank starkem Wind wurde sie auch in die tieferen Luftschichten gemischt. Dieser Effekt war schon in den frühen Morgenstunden zu erkennen, als beispielsweise in Basel 16.7 Grad gemessen wurden. Kaum war der Wind weg, wurde es deutlich kühler, und so gab es um 9 Uhr nur noch 11.1 Grad am Rheinknie, also gute 5 Grad weniger als am Morgen um 1 Uhr. Ähnliches war in Langnau im Emmental zu beobachten. Um 1 Uhr gab es 11.9 Grad, dann liess der Wind nach, und in der immer kühleren Luft am Boden bildete sich Nebel im Ilfistal. Um 9 Uhr zeigte das Thermometer noch knapp 6 Grad.
Auch noch Föhn im Spiel
In der Nordwestschweiz erreichten die meisten Stationen den Höchstwert schon am Mittag. Im Mittelland mit Sonneneinstrahlung und in den Alpen mit Föhn wurden die Maximalwerte aber erst im Laufe des Nachmittags verzeichnet. In Sevelen, im St. Galler Rheintal, wurden Mitte Nachmittag 19.3 Grad gemessen. Speziell war die Situation in Elm im Glarner Kleintal. Dort zeigte das Thermometer mit Föhn einen Wert von 18 Grad. So warm war es dort noch nie an einem Dezembertag. Auch am Neujahrstag bläst noch Föhn, und so dürften die Temperaturen im ähnlichen Rahmen liegen, einzig in der Nordwestschweiz dürften die Spitzenwerte nicht mehr erreicht werden.