Das Datum 26. Dezember 1999 ist jedem Schweizer Meteorologen ein Begriff. Damals zog Orkantief «Lothar» zwar knapp nördlich an der Schweiz vorbei, sorgte aber in unserem Land teilweise für Böen, wie man sie zuvor noch nie erlebt hatte. In der Schweiz fielen dem Monstersturm 14 Menschen zum Opfer, in Deutschland waren es 13 und in Frankreich sogar 88, allerdings sind dort die Opfer des unmittelbar nachfolgenden Sturms «Martin» miteingerechnet.
Ansatzloses Orkantief
Am Südrand eines grösseren Tiefdruckkomplexes, der während der Weihnachtstage über dem nahem Atlantik lag, bildete sich in der Nacht vom 25. auf den 26. Dezember 1999 ein kleines, aber sehr kräftiges randliches Sturmtief. Es zog am Stephanstag 1999 innert weniger Stunden von der Bretagne bis zu den Karpaten. Sein minimaler Kerndruck betrug am Morgen in der Nähe von Paris 961 Hektopascal. Bis am Abend füllte es sich auf dem Weg nach Tschechien etwas auf. Dort betrug der Kerndruck noch rund 980 Hektopascal. Bei uns wurden vor allem von Mitte Vormittag bis am frühen Nachmittag Rekordböen verzeichnet.
Auf dem Säntis 230 Kilometer pro Stunde
In der Schweiz wurde der höchste Messwert auf dem Säntis mit 230 Kilometern pro Stunde gemessen. Für den Säntis war dies ein neuer Höchstwert, der nationale Höchstwert von 268 Kilmetern auf dem Grossen St. Bernhard, gemessen während Orkan «Vivian» am 27. Februar 1990 blieb allerdings unangetastet. Noch stärker war der Orkan in Süddeutschland. Auf dem knapp 700 Meter hohen Hegauvulkan Hohentwiel in der Nähe von Singen wurde ein Spitzenwert von 272 Kilometern pro Stunde verzeichnet. Im Gegensatz zu «Vivian» über den Alpen und Voralpen traf «Lothar» hauptsächlich die Voralpen, das Mittelland und den Jura. Auf dem La Dôle, im Waadtländer Jura, betrug der Spitzenwert 201 Kilometer pro Stunde, auch dies ein lokaler Rekordwert. Im Flachland lag der Höchstwert bei 170 Kilometern pro Stunde, gemessen in Delsberg. In Basel gab es 147 und im Mittelland Böen meist um 130 Kilometer pro Stunde. Unsicher ist der Wert auf dem Jungfraujoch. Aktuell wird er mit 203,8 Kilometern pro Stunde geführt, allerdings gab es bereits am 25. Dezember mit Vorläufertief «Kurt» einen Wert von 249 Kilometern pro Stunde.
Winterstürme klar auf Platz 1
Die stärksten Windböen gibt es mit wenigen Ausnahmen während der Winterstürme. «Vivian», Ende Februar 1990, und «Lothar» haben unter diesen aber bezüglich Stärke eine Ausnahmestellung. Seit «Lothar» war auf der Alpennordseite «Burglind» am 3. Januar 2018 das wohl heftigste Ereignis. Meistens kommen solche Stürme nicht einfach aus dem Nichts. Im Spätherbst 1999 gab es mehrere heftige Stürme, und über die Weihnachtstage 1999 waren «Kurt», «Lothar» und «Martin» alle miteinander sehr stark. Auch im Winter 2007 gab es mehrere heftige Stürme, der kräftigste war «Kyrill». Dieser stürzte am 19. Januar, mit dem sogenannten Laseier-Rotor bei Wasserauen/AI, eine Bahnkomposition der Appenzeller Bahnen um. Mehrere heftige Stürme gab es auch im Winter 2011/2012. Mitte Dezember 2011 war es «Joachim» und anfangs Januar 2012 «Andrea», die für Schäden verantwortlich waren.
Sommerstürme sind meist lokal
Auch im Sommer können heftige Böen auftreten, meistens verbunden mit Gewittern und in der Regel lokal begrenzt. Die stärkste Flachlandböe trat im Sommer auf. Bei einem Gewittersturm wurden am 15. Juli 1985 in Glarus 190 Kilometer pro Stunde erreicht. Sommerliche Gerwitterzüge können aber sehr wohl auch verheerende Schäden anrichten. Tragen die Bäume Laub, haben sie eine grössere Angriffsfläche und können eher umstürzen als im Winter. Im Sommer 2013 wurde das Eidgenössische Turnfest in Biel von einem heftigen Gewittersturm getroffen. Auch damals gab es erhebliche Schäden und ein älterer Herr verstarb später an den Folgen seiner Verletzungen.