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Edgar Oehler, geboren am 2. März 1942, ist im 5000 Seelen-Dorf Balgach im St. Galler Rheintal gross geworden.
«Der Vater war Maler in Kreuzlingen, die Mutter hat versucht eine verlumpende Bäckerei aufzubauen und ich trug die ersten vier Jahre Mädchenkleider, weil ich nur Schwestern hatte und wir kein Geld.»
Nach der Kantonsschule in St. Gallen und seinen Studien in Zürich, Tokio und an der HSG doktorierte er in Staatswissenschaften, Richtung öffentliches Recht. Parallel dazu führte er ein eigene Gipsergeschäft mit 40 Angestellten.
«Morgens um sechs stand ich auf der Baustelle und um acht dann an der Uni in St. Gallen.»
Mit 28 wurde er dann für die CVP in den Nationalrat gewählt, wo er 24 Jahre lang politisiert hat. In der Anfangszeit leistete er sich mit dem ersten grossen Geld einen Porsche.
«Für meinen Porsche in der Farbe blutorange habe ich mich nie geschämt und das Auto auch nicht versteckt. Ich habe es mir ja verdient.»
Mit 31 wurde er dann Chefredaktor der Tageszeitung «Die Ostschweiz». Auch hier war er ganz der «Büezer». Er wollte nicht am Schreibtisch sitzen und Agenturmeldungen abschreiben.
«Ich wollte den Vietnamkrieg oder den Jom-Kippur-Krieg eins zu eins erleben, um darüber schreiben zu können.»
Der wohl grösste Karriereschritt kam dann, als ihn Jakob Züllig 1985 als Generaldirektor zu der AFG holte. 18 Jahre später hat er auch die Aktienmehrheit der AFG AG übernommen.
Dort kaufte er im grossen Stil ein, was ihm Kritik der Aktionäre einbrachte. Die AFG werde zum Gemischtwarenladen mit Kühlschränken, Fenstern, Türen, Gebäudetechnik und Oberflächenbeschichtung. Auch die Banken haben ihm irgendwann keine Kredite mehr gewährt und seine Strategie kritisiert.
«Das gehört dazu, das ist Risiko.»
Vor drei Jahren hat er dann alle seine Aktien an der AFG AG verkauft und der Firma sein jetziges Unternehmen die STI Group abgekauft. Aktuell beschäftigt er rund 700 Leute in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, den USA und China. Dort ist er aktuell auch zu Besuch und beginnt kommende Woche mit dem Bau einer neuen Fabrik.
«Geld bedeutet für mich, dass ich wieder eine neue Fabrik bauen kann. So habe ich das Gefühl, ich täte meine Pflicht. Wenn ich sehe, wo man überall Arbeitsplätze schaffen kann, habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich nichts tun würde. Die Füsse hochlegen, wäre mir auch zu langweilig.»
Heute ist Edgar Oehler 75 Jahre alt und nicht wirklich müde.
«Ich stehe immer um fünf Uhr auf, sieben Tage die Woche. Müde bin ich nicht, die Kraft nehme ich aus der Arbeit.»
Besonders am Herzen liegt im auch die Ostschweiz. Seit wenigen Wochen ist er Mehrheitsaktionär bei der FC St. Gallen Event AG.
«Das ist keine Spielerei, es ist fast auch eine Pflicht. Auch wir in der Ostschweiz sind jemand und haben einen FC.»
Als er mit 28 Jahren zum ersten Mal in Bundesbern im Nationalrat sass, wurde er noch ausgelacht für seinen Rheintaler Dialekt. Das seien doch alles Wilde dort im Osten. Heute könnten das Rheintal und die Ostschweiz stolz sein und sich zeigen.
So kam es für ihn auch nie in Frage, vom kleinen Dorf Balgach wegzuziehen. Er selber sei zwar nicht oft dort, aber seine Frau und drei von vier Töchtern wohnen mit ihren Familien in Balgach und seien fest in das Dorfleben integriert.
Edgar Oehler hat zwar Villen an den schönsten Lagen der Welt und fliegt eine halbe Million Flugkilometer jedes Jahr, aber Balgach, das sei einfach seine Heimat.
«Ich bin dort in der Schule, in der Umgebung und durch meine Arbeit gross geworden. Ich bin ein Balger und bleibe ein Balger.»
Einer, der es vom armen Handwerkersohn in die Liga der 300 reichsten Schweizer geschafft hat.
SRF 1, Regionaljournal Ostschweiz, 17:30 Uhr