Inge Frey ist 80 Jahre alt, lebt im Alterszentrum Brugg und trinkt pro Tag 3 Gläser Rotwein. Das ist mehr, als es für eine ältere Frau gut wäre. Eigentlich wäre medizinisch gesehen ein Glas pro Tag besser. Aber: Gemessen an dem, was sie früher trank, sind die drei Gläser ein Fortschritt.
Ich habe vorher noch viel mehr getrunken. Zudem noch durcheinander. Und solche Getränke, von denen ich glaubte, dass andere nichts davon merken.
Inge Frey ist ein typisches Beispiel für jemanden, der spät in die Alkoholsucht abgerutscht ist. Innert wenigen Jahren musste die Aargauerin gleich mehrere Schicksalschläge hinnehmen.
Ihr Ehemann starb, wie auch kurz darauf ihr zweiter Partner. Hinzu kommt eine Streifung, welche die Frau einseitig gelähmt hat. Mit dem Alkohol konnte sie ihre Sorgen kurzzeitig «zudecken», wie sie sagte.
Auch beim Dachverband ist Sucht ein Thema
Das Alterszentrum Brugg traf als Folge davon eine Vereinbarung mit Inge Frey und den Angehörigen: Nicht mehr als drei Gläser pro Tag. Das sei nicht nur gut für Inge Frey, sondern auch die Angehörigen und auch das Heim, erklärt Pulver.
«So beugen wir auch möglichen Stürzen vor, welche bei zu viel Alkoholkonsum passieren können», erklärt Heimleiter Heinz Pulfer im Interview gegenüber der SRF-Sendung «Schweiz aktuell».
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Auch Verband nimmt sich dem Thema an
Dass Sucht und besonders Alkoholsucht im Alter zunehmend zum Thema wird, heisst es auf Anfrage bei Curaviva, dem Dachverband der Heime und Institutionen in der Schweiz.
Der Verband hat dazu eigens ein Themendossier zusammen gestellt, um damit den Heimen aber auch den Betroffenen und vor allem den Angehörigen eine Hilfestellung zu geben.
Alkoholsucht im Alter ist ein Thema, das angegangen werden muss.
Curaviva-Ressortleiter Benno Meichtry rät den Alters- und Pflegeheimen, das Tabuthema anzugehen und dazu auch bei Suchtberatungsstellen Hilfe zu holen, falls nötig. Aktuell ist laut Curaviva jeder 10. Senior und jede 10. Seniorin in der Schweiz ab 60 Jahren süchtig. Der Verband Curaviva geht davon aus, dass sich diese Zahl – auch wegen der voraussichtlichen demografischen Entwicklung in der Schweiz – bis ins Jahr 2020 noch verdoppeln wird.
(Schweiz aktuell, 19:00 Uhr)