Es geht um zwei Familien, die ursprünglich aus dem Kosovo stammen. Und offenbar geht es um einen Familienstreit, der eskaliert ist.
Am 5. Juli 2012 kreuzten Vater und Sohn der einen Familie bei der anderen Familie in Oensingen auf. Es fielen mehrere Schüsse aus einem Sturmgewehr und einer Pistole. Vater und Sohn der Oensinger Familie starben.
Anklage wegen Mord
Nun mussten sich die mutmasslichen Täter vor Gericht verantworten. Es handelt sich um den Vater und den Sohn der anderen Familie. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Mord vor. Für den Sohn hat sie am Mittwoch vor dem Richteramt Thal-Gäu eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren gefordert, der Vater soll für 18 Jahre ins Gefängnis.
Beide sollen in skrupelloser Weise und aus geringer Distanz auf den wehrlosen und unbewaffneten Vater geschossen haben. Die Staatsanwaltschaft spricht gar von einem Massaker.
Das Richteramt Thal-Gäu, das aus Platzgründen in Solothurn tagt, wird insbesondere den Konflikt zwischen den beiden Familien beleuchten müssen. Offenbar ging es dabei um die Ehefrau des jüngeren Opfers. Sie ist zugleich die Tochter des älteren Angeklagten und die Schwester des jüngeren Angeklagten.
Löste eine Ehekrise den Familienstreit aus?
Die Hintergründe der tödlichen Familienfehde liessen sich vor Gericht nicht vollständig erhellen. Es ging wohl um eine Frau und um Eheprobleme. Der Vater der Frau wollte, dass sie mit den zwei kleinen Kindern ins elterliche Haus zurückkehrt. Die Frau musste als Zeugin vor Gericht aussagen – eine delikate Angelegenheit.
Mein Ehemann hat mich nicht geliebt, nur ausgenutzt.
Es sei eine schlimme Ehe gewesen, sagte die junge Frau vor Gericht. Ihr Mann und seine Familie hätten sie misshandelt, ihr Ehemann habe sie nur ausgenutzt. Wollten also Vater und Bruder der Frau dem Elend ein Ende setzen? Das muss nun das Gericht entscheiden.
Es waren beim Mord zwei Waffen im Spiel, ein Sturmgewehr und eine Pistole. Der Sohn nimmt alle Schuld auf sich. Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass auch der Vater geschossen hat. Das zeigen gesicherte Spuren, argumentiert die Staatsanwaltschaft.
Es tut mir leid, was ich getan habe.
Bei der ausführlichen Befragung vor Gericht gestand der Sohn die Taten erneut. Er habe mit dem Sturmgewehr 90 und einer Pistole auf die Opfer geschossen. Es tue ihm leid, was geschehen sei.
Verteidigung: Mildere Strafe und Freispruch gefordert
Der Verteidiger des Sohnes forderte sieben Jahre Gefängnis wegen mehrfachen Totschlags oder zehn Jahre Gefängnis wegen vorsätzlicher Tötung. Der Angeklagte habe aus Sorge um seine Schwester in einer heftigen Gemütsbewegung gehandelt.
Der Verteidiger des Vaters forderte auf der ganzen Linie einen Freispruch für seinen Mandaten. Der Angeklagte solle für die Untersuchungshaft entschädigt werden. Dieser habe nicht geschossen. Das belege eine Zeugenaussage.
Widersprüche zwischen Vater und Sohn
In den Details machten Vater und Sohn unterschiedliche Aussagen - die teilweise im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden stehen. Der Vater sagte, er habe nicht geschossen. Sein Sohn sei es gewesen. Alles sei schnell gegangen. Er habe die Waffen nur entladen und deren Munitionsmagazine weggenommen. Er fühle sich unschuldig. Im Haus der Angeklagten bei Olten wurden eine Box mit 600 Schuss Munition und weitere Waffen gefunden.
Der Sohn befindet sich in vorzeitigem Strafvollzug. Er hatte bereits bei der Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft gestanden, geschossen zu haben. Der Vater bestreitete hingegen die Vorwürfe und wurde im August 2012 wieder auf freien Fuss gelassen. Das Haftgericht hatte die Verlängerung der Untersuchungshaft damals nicht bewilligt.
Das Amtsgericht wird die Urteile übernächste Woche eröffnen.