Heinrich Zschokke hat den Begriff «Hans Dampf in allen Gassen» erfunden und geprägt. Gleichzeitig dürfte er ein typisches Beispiel für einen solchen «Hans Dampf» sein: Zschokke war studierter Philosoph und Theologe, er war Pädagoge, Schriftsteller in verschiedenen Genres, Liedermacher, Beamter, Politiker. Vor allem aber war Zschokke ein Vordenker der liberalen Bewegung.
Heinrich Zschokke kam ursprünglich aus Deutschland. 1798 zog es ihn in den Kanton Aargau. Hier prägte er fortan die Entwicklung der jungen Helvetischen Republik mit seinen Ideen. Als Verleger, Redaktor und Schriftsteller habe Zschokke «für das einfache Volk geschrieben», erklärt Ausstellungsmacher und Historiker Dominik Sauerländer.
Zschokke prägte die moderne Demokratie
«Vor allem aber verbreitete Zschokke in seinen Schriften moderne Ansichten: Er setzte sich für eine echte Demokratie ein, in der das breite Volk mitbestimmen konnte. Damit das Volk auch mündig sein konnte, forderte er einen Ausbau der Bildung.» Mit diesen Ideen war Zschokke seiner Zeit voraus.
Die Ausstellung im Forum Schlossplatz will Zschokke und sein Vermächtnis wieder in Erinnerung rufen. «Er ist im Geschichtsunterricht viel zu wenig ein Thema, obwohl er das sein müsste», bedauert Historiker Sauerländer. Zschokke zeige nämlich auch die grosse Bedeutung des Kantons Aargau bei der Gründung der modernen Schweiz. «Der Aargau war eine treibende Kraft hinter der Einigung der verschiedenen zersplitterten Kantone zu einem modernen, föderalistischen Bundesstaat.»
Dialog mit Zschokke auch zu aktuellen Themen
Im Forum Schlossplatz werden Original-Dokumente von Heinrich Zschokke, Schriften aus dem 19. Jahrhundert gezeigt und erklärt. Dazu sind Bilder zu sehen und auf Schautafeln die entsprechenden biografischen Angaben zu lesen. Auch das Privatleben von Heinrich Zschokke in der Villa Blumenstein zwischen Aargau und Küttigen wird thematisiert. Heute residiert in diesem Haus übrigens das Zentrum für Demokratie.
Zschokke würde das Ständemehr verteidigen
Viele politische Fragen des 19. Jahrhunderts hätten an Aktualität kaum verloren, sagt Historiker Sauerländer dazu. «Die Abstimmung über den Familienartikel hat zum Beispiel die Diskussion über das Ständemehr wieder aufgewärmt.» Das Ständemehr kommt einem Veto der Landkantone gleich, sie können trotz ihrer bevölkerungsmässigen Minderheit Vorlagen kippen.
«Zschokke hatte sich immer für das Mitspracherecht der Landbevölkerung eingesetzt», sagt Sauerländer. Er würde sich deshalb heute wohl gegen die Abschaffungsgelüste wehren.
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Bild 1 von 8. Heinrich Zschokke steht als Statue im Aarauer Stadtpark, ganz in der Nähe des Forum Schlossplatz. Eine Installation macht es möglich, dass man Zschokke nun «von oben» betrachten kann. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 8. Die Installation heisst «Auf Augenhöhe mit Zschokke» und besteht vor allem aus einer grossen Holztreppe, die zum Kopf der Statue führt. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 8. Die Installation weist bereits in der Stadt auf die aktuelle Ausstellung im Forum Schlossplatz hin. Dort soll ein «Dialog mit Heinrich Zschokke» möglich sein und gefördert werden. Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 8. Das Museum zeigt Originalgegenstände aus der Zeit von Heinrich Zschokke: Zum Beispiel eine Auswahl seiner unzähligen Bücher und Schriften (im Vordergrund eine Schriftrolle aus einer damaligen Aarauer Druckerei). Viele von diesen Büchern sind heute nicht mehr erhältlich. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 8. Zschokke war aber auch Beamter in der jungen sich formierenden Helvetischen Republik: Hier ein «Aktenordner» aus dem 19. Jahrhundert, mit handschriftlichen Bemerkungen von Heinrich Zschokke. Im Spiegelbild ist eine Video-Installation mit Christine Egerszegi erkennbar... Bildquelle: SRF.
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Bild 6 von 8. ... diese Video-Interviews in verschiedenen Räumen zeigen die Aktualität von Zschokkes Ideen und verbinden das 19. Jahrhundert mit der Gegenwart. Unter anderem nimmt die liberale Ständerätin Christine Egerszegi (im Bild) Stellung zu den Ideen des liberalen «Urvaters». Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 8. Zschokke verbreitete seine Ideen vor allem auch über die erste national erscheinende liberale Tageszeitung. Sein «Schweizer Bote» festigte den Einfluss des Politikers und Schrifstellers in der ganzen damaligen Schweiz. Bildquelle: SRF.
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Bild 8 von 8. Die Ausstellung zeigt aber auch private und menschliche Seiten von Heinrich Zschokke: Hier zwei Bilder von ihm und seiner langjährigen Ehefrau Nanny Nüsperli. Zschokke war ein Patriarch, gleichzeitig aber verbanden ihn und seine Frau eine innige Liebe. Bildquelle: SRF.