Die Stahl Gerlafingen AG macht schwierige Zeiten durch. 2015 hat sie zwar viel produziert, aber wenig verdient. Zu schaffen machte dem Stahlwerk die Eurokrise, das mässige Wirtschaftswachstum in Europa und dass China den Weltmarkt mit Billig-Stahl überschwemmte.
Bestehen kann die Solothurner Stahl-Firma nur, wenn sie die Kosten im Griff hat. Das ist der Grund, weshalb sie den Ofen in diesem Sommer erstmals nicht mehr abstellt.
Das Lager als Risiko
Bislang wurde die Produktion im Sommer jeweils für zwei oder drei Wochen unterbrochen. In dieser Zeit wurden die Anlagen revidiert. Um trotzdem Stahl verkaufen zu können, wurde in Gerlafingen jeweils vor dem Sommer das Lager gefüllt.
Das finanzielle Risiko, Stahl ab Lager zu verkaufen, ist in letzter Zeit aber stark gewachsen, erklärt Werkleiter Daniel Aebli gegenüber Radio SRF. Weil heute die Rohstoff- und Stahlpreise von einem Monat zum anderen stark schwanken, kann es sein, dass die Gerlafinger vor dem Sommer teuren Stahl produzieren, weil die Schrottpreise gerade hoch sind, den Stahl wenige Wochen später aber billiger verkaufen müssen, weil die Preise wieder gefallen sind. «Da kann man viel Geld verlieren», sagt Aebli.
Längere Winterpause
Das Stahlwerk will also das finanzielle Risiko, das eine Sommerpause mit sich bringt, reduzieren. Ohne Pause geht es aber nicht. Die Anlagen werden extrem beansprucht und müssen regelmässig revidiert werden. So muss beispielsweise der Betrieb einmal pro Woche unterbrochen werden, um die Ofenverkleidung zu erneuern.
Weil die Anlagen im Sommer nun nicht mehr still stehen, um die nötigen Revisionen vorzunehmen, wird neu die Produktionspause im Winter verlängert. Bislang wurden die Maschinen jeweils um Weihnachten herum abgestellt. Nun werde man den Ofen im Dezember schon in der ersten Monatshälfte abschalten, stellt Werkleiter Aebli in Aussicht.
Die längere Winterpause ist im Gegensatz zur Sommerpause ein kleineres finanzielles Risiko. Im Winter machen auch viele Baufirmen Pause und benötigen kaum Stahl für ihre Baustellen.
Finanziell auf Kurs, aber…
Die Stahl Gerlafingen AG gehört zum italienischen Konzern Beltrame. Das Solothurner Stahlwerk ist eines der am besten ausgelasteten Europas. «Unsere Leute machen einen guten Job», betont Daniel Aebli. Trotzdem kommt das Unternehmen finanziell gesehen derzeit nur gerade so über die Runden.
289 Millionen Franken Umsatz und 8,7 Millionen Franken Gewinn will Stahl Gerlafingen in diesem Jahr erzielen. «Ertragsmässig sind wir genau auf Zielkurs», sagt Aebli Mitte Jahr. Er weiss aber, dass die grosse Firma mit 474 Angestellten eigentlich einen höheren Gewinn machen müsste, um auf längere Sicht nötige Investitionen sichern zu können.
(Bildnachweis Front: Keystone)