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Kurt Fluri und Stefan Müller Altermatt
Legende: Zwei Solothurner in Bern, zwei Bürgerliche aus der Mitte: Und doch sind sie sich nicht wirklich einig. Keystone/Montage SRF

Aargau Solothurn «Jeder urteilt nach seinem Gewissen»

Es waren moralisch und ethisch heikle Fragen, mit denen sich diese Woche der Nationalrat beschäftigte: Welche Tests dürfen an Embryonen vor dem Einpflanzen durchgeführt werden? Die Solothurner Nationalräte und mehrfachen Väter Kurt Fluri (FDP) und Stefan Müller (CVP) sind sich gar nicht einig.

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Kurt Fluri ist Jurist, Stadtpräsident von Solothurn und seit 2003 im Nationalrat für die FDP. Er ist Vater von fünf Kindern (drei Töchter und zwei Söhne). Stefan Müller ist Biologe, Gemeindepräsident von Herbetswil und seit 2011 für die CVP im Nationalrat. Er ist Vater von vier Kindern (Joël, Lionel, Quirin, Elina).

Stefan Müller ist Vater von vier Kindern, Kurt Fluri hat sogar fünf. Die ethisch heiklen Fragen rund um die Präimplantationsmedizin habe er mit seiner Frau am Familientisch besprochen, sagt Müller im Freitagsgespräch der Sendung «Regionaljournal Aargau Solothurn».

Fluri hingegen hat die Fragen «nur mit sich selber ausgehandelt». Grundsätzlich sei man bei solchen Themen seinem Gewissen überlassen, berichten beide Nationalräte. Bei anderen Fragen folgen Politiker mehr einer Vorgabe der Partei. Bei solch delikaten Themen wie der Präimplantationsmedizin sei dies nicht der Fall, betonen Müller und Fluri.

«Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind»

Die Positionen der beiden Solothurner Nationalräte könnten unterschiedlicher nicht sein: Kurt Fluri (FDP) zeigt sich liberal. Er will erlauben, dass Embryonen vor dem Einpflanzen auf Erbkrankheiten getestet werden dürfen. Auch Tests auf das Down-Syndrom sollen vor dem Einpflanzen erlaubt sein. Und Fluri will auch sogenannte Retterbabys ermöglichen, dass also Eltern, die ein krankes Kind haben, im Reagenzglas ein zweites Kind zeugen dürfen, um das Geschwisterchen zu retten.

Stefan Müller (CVP) will all dies nicht. Im Nationalrat hat er deswegen einen Antrag auf Nichteintreten gestellt. «Wenn einmal der Damm gebrochen ist, werden immer mehr Tests erlaubt. Dann werden immer mehr Behinderungen ausselektiert, und wer dann doch ein behindertes Kind hat, wird einem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt und schräg angeschaut», befürchtet Müller. «Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind. Es gibt einzig und allein das Recht, dass wir jedes behinderte Kind bestmöglich behandeln».

«Behinderte werden nicht ausgegrenzt»

Kurt Fluri teilt Stefan Müllers Befürchtungen nicht. In unserer Gesellschaft würden Behinderte nicht ausgegrenzt, betont Fluri. Und Eltern würden auch keine Vorwürfe gemacht, wenn sie ein behindertes Kind haben. Zudem hätten auch Eltern ein Recht, sagt Fluri: «Es gibt auch ein Recht darauf zu wissen, wie ein Kind veranlagt sein wird».

Wenn Eltern heute ein Anrecht auf gesundes Kind haben, werden sie dann in 10 Jahren ein Anrecht haben auf ein schönes und intelligentes Kind? Für Kurt Fluri ist das «Science Fiction», er glaubt nicht, dass es soweit kommen wird. Stefan Müller hingegen befürchtet genau das.

Er will der Präimplantationsmedizin einen Riegel schieben, damit nicht schon bald Embryonen danach ausgewählt werden, ob das Kind ein Mädchen oder ein Bube wird.

Einbürgerungswillige müssen nicht sehr gut Deutsch können

Einen abschliessenden Entscheid zur Präimplantationsmedizin haben National- und Ständerat noch nicht erzielt. Und auch beim Bürgerrechtsgesetz sind sie sich noch nicht einig. Dort geht es unter anderem um die Frage: Wie gut müssen Ausländer eine Landessprache sprechen, wenn sie sich einbürgern lassen wollen?

Fluri und Müller sind diesbezüglich gleicher Meinung. Sie plädieren für eine moderate Sprach-Hürde. Beide wollen zwar, dass von Einbürgerungswilligen verlangt wird, dass sie sich in einer Landessprache ausdrücken können, es sei aber nicht nötig, dass sie sich «gut» ausdrücken können, wie die Mehrheit des Nationalrats – und mit Ausnahme von Fluri auch die ganze FDP - verlangt.

«Integration geht nicht nur über die Sprache», erklärt Müller. Es sei wichtiger, dass ein Ausländer zum Beispiel im Musikverein mitspiele und nach der Probe noch in die Beiz komme, als ob er akzentfrei Deutsch sprechen könne. «Das Abstimmungsbüchlein verstehen sollte er allerdings schon können», ergänzt Fluri, «so wie ein Durchschnittsschweizer».

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