95 Mietparteien wohnen in der Überbauung Salix in Kaiseraugst. Der Komplex gehört dem Versicherungskonzern Swiss Life. Verwaltet werden die Wohnungen von der Livit AG, einer Tochtergesellschaft der Swiss Life. Die Wohnungen wurden den Mietern als Minergie-Wohnungen angepriesen.
Wegen fehlender Komfortlüftung «ertappt»
Einem Mieter fiel jedoch auf, dass zum Beispiel die für Minergie vorgeschriebene Komfortlüftung nicht in allen Zimmern vorhanden war.
Der Aargauische Mieterverband beschreibt den Fall in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift «Mieten & Wohnen». Der Mieter forderte daraufhin eine Mietzinssenkung. Weder mit Livit oder Swiss Life direkt noch vor der Schlichtungsbehörde konnte jedoch keine Einigung erzielt werden.
Wo Minergie drauf steht, muss Minergie drin sein.
Urs Thrier kann das Vorgehen von «Swiss Life» nicht verstehen. Er ist Geschäftsleiter des Mieterverbandes Baselland, welcher auch Mieter im Aargauischen Fricktal betreut.
«Die Mieter haben sogar ein Handbuch erhalten, welches ihnen Tipps zum Lüften und zum Sonnenschutz in einer Minergie-Wohnung gibt», sagt er gegenüber dem Regionaljournal Aargau Solothurn.
Immerhin: Das Schild mit dem Minergie-Label wurde unterdessen von der Hausfassade entfernt. Trotzdem findet Urs Thrier, dass die Mieter eine Mietzinssenkung von 8 Prozent erhalten sollten: «Laut einer Studie des Bundes beträgt der Wert des Minergie-Standards 8 Prozent des Nettomietzinses.»
Minergie-Label nachträglich aberkannt
Die Minergie-Labels werden aufgrund der Baupläne einer Liegenschaft vergeben. Im Kanton Aargau ist die Zertifizierungsstelle in der kantonalen Abteilung Energie angesiedelt.
«Im Fall Kaiseraugst wurden die Baupläne nicht so umgesetzt, wie sie bei uns eingegeben wurden», erklärt Stephan Kämpfen von der Abteilung Energie. Deshalb habe man der Überbauung Salix das Label wieder entziehen müssen.
Eine solche Situation ist sehr aussergewöhnlich.
Mieten & Wohnen
Es komme selten vor, dass man einem Projekt das Label nachträglich wieder entziehen müsse, sagt Kämpfen. Die Zertifizierungsstelle macht bei mindestens 10 Prozent der Minergie-Bauten Stichproben, ob die Vorgaben tatsächlich eingehalten wurden: «Eine hundertprozentige Kontrolle wäre nicht umsetzbar und viel zu teuer», so Stephan Kämpfen.