Marcel Guignard leitet die Geschicke der Aargauer Kantonshauptstadt seit 1988. Ende Jahr geht er in Pension. Seine Bilanz fällt selbstsicher aus: «Ich glaube ich darf für mich und den Stadtrat in Anspruch nehmen, dass wir Aarau in den letzten Jahren attraktiver gemacht haben», sagt Guignard im Gespräch mit dem Regionaljournal Aargau Solothurn von Radio SRF.
2010 eröffnete Guignard den neuen Bahnhof. Dieses Projekt hatte ihn fast seine ganze Amtszeit beschäftigt, noch immer steht erst die Hälfte des ursprünglichen Projekts. «Manchmal braucht man als Politiker sehr viel Geduld, vor allem wenn verschiedene Partner an einem Projekt beteiligt sind», meint Guignard dazu. Und: «Dieser Bahnhof ist halt für Aarau vielleicht ein Jahrhundertprojekt.»
Der Bahnhof ist ein Jahrhundertprojekt für Aarau.
In der Ära Guignard wurde auch die Aarauer Altstadt lebendiger: Heute fahren keine Autos sondern nur noch Busse durch die Gassen, die Wirte können im Sommer Gäste empfangen. Auch dieser Prozess sei aber noch nicht abgeschlossen, gibt Guignard zu. «Es gibt ständig Nutzungskonflikte, an so einem Ort ist wohl keine Lösung für die Ewigkeit gemacht.»
Das neue Fussballstadion darf er nicht mehr einweihen
Gerne hätte Marcel Guignard auch das neue Fussballstadion Torfeld Süd noch eingeweiht. Inzwischen ist aber definitiv klar: Nicht einmal den Spatenstich wird Marcel Guignard noch als Stadtammann begleiten können, das Projekt wird aktuell durch Einsprachen verzögert. «Natürlich ärgert mich das», meint Guignard. Fügt aber pragmatisch an: «Das ist ein komplexes Projekt. Und Einwendungen gibt es bei jeder Hundehütte, warum sollte es also bei einem Fussballstadion keine geben.»
Mit der 26-jährigen Ära Guignard endet in Aarau auch die noch viel längere Ära der freisinnigen Stadtpräsidenten. Am 1. Januar tritt SP-Frau Jolanda Urech die Nachfolge von Guignard an. Die Menschen hätten heute höhere Ansprüche an den Staat, deshalb hätten linke Parteien in den urbanen Zentren wohl mehr Zulauf, analysiert Guignard. Er kritisiert aber auch seine eigene Partei.
«Die Freisinnigen haben sich in letzter Zeit zu stark auf die Finanzpolitik und den Steuerfuss konzentriert.» Die FDP müsse sich an ihre Ursprünge erinnern: «Wir haben diesen Staat gegründet, dieser Staat ist nicht unser Feindbild, sondern unser eigenes Werk.» Guignard betont aber, dass er sich auch heute noch bei der FDP «am besten aufgehoben» fühle.
Die FDP hat diesen Staat gegründet. Er ist nicht unser Feind.
Für die Zukunft hat Guignard kaum konkrete Pläne, er will sie auch nicht verraten. «Zuerst kommt jetzt mal das Januarloch», meint er lachend. «Ich war jetzt 26 Jahre lang ein Getriebener, jetzt lasse ich mich einfach treiben. Aber ich habe schon private Pläne: Persönliche Weiterbildungen, Reisen. Mir wird nicht langweilig.»
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Bild 1 von 9. Marcel Guignard gibt 2013 alle seine politischen Ämter ab: Er hat nicht mehr als Grossrat kandidiert und hat auch das Präsidium des Schweizerischen Städteverbandes in St. Gallen (Bild) seinem Nachfolger Kurt Fluri aus Solothurn abgetreten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 9. Immer wieder war Guignard auch auf dem nationalen Polit-Parkett aktiv: Hier feiert er mit FDP-Präsident Fulvio Pelli den Sieg zur Personenfreizügigkeitsabstimmung 2009 in der Fabrik von Bundesrat Johann Schneider-Ammann. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 9. 2005 mit Alex Tschäppät (Bern): Stadtammann Guignard blieb allerdings immer Vertreter einer Gemeinde. Den Sprung in den Regierungsrat des Kantons Aargau verweigerte ihm seine Partei, Peter Beyeler gewann die parteiinterne Ausmarchung damals und wurde Baudirektor. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Guignard hat in Aarau diverse Grossprojekte angeschoben: Hier eröffnet er zusammen mit dem Stadtbaumeister (beide im Hintergrund) eine Ausstellung im Forum Schlossplatz. Thema ist der neue Bahnhof in Aarau. Die Ausstellung wurde 1997 eröffnet (Bild), der Bahnhof dann erst 13 Jahre später. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Das neue Bahnreisezentrum wurde erst 2010 eröffnet. Noch immer ist aber erst die Hälfte des ursprünglichen Projekts gebaut. «Als Politiker muss man manchmal dicke Bretter bohren, es braucht Geduld», sagt Guignard. Und: «Der Bahnhof ist vielleicht ein Jahrhunderprojekt für Aarau.». Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 9. Eine zweite Jahrhundert-Baustelle erlebt Guignard nun nicht mehr: Das neue Fussballstadion Torfeld Süd wird erst nach seiner Amtszeit bewilligt und gebaut. Der FC Aarau spielt weiterhin im baufälligen Stadion Brügglifeld. Guignard ärgert sich über die lang andauernden Verfahren in diesem Fall. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 9. Auch die Umgestaltung der Altstadt ist noch nicht ganz abgeschlossen: Noch immer streiten sich Wirte und Anwohner darüber, wie viel Lärm in der Altstadt zulässig sei. Die Altstadt ist auch noch nicht ganz verkehrsfrei, die Busse fahren durch. «Die Politik muss die verschiedenen Nutzungsansprüche irgendwie vereinen», meint Guignard. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 9. Immer wieder brachte Guignard die Stadt Aarau ins nationale Rampenlicht: Er holte mit dem Zentrum für Demokratie ein Universitäts-Institut in die Stadt... Bildquelle: zVg.
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Bild 9 von 9. ...trug aber auch diverse Feste in der Stadt aus. Zum Beispiel das Eidgenössische Jodlerfest 2005. Bildquelle: Keystone.