Die zehn Aargauer Einwohnerräte müssten sich als Vermittler der Kommunalpolitik verstehen. Das sagte Justizdirektor Urs Hofmann (SP) am Montag in Zofingen. Die Einwohnerräte benötigten qualifizierte Mitglieder, die in der Bevölkerung Akzeptanz geniessen.
Kandidaten sind oft Mangelware
Fehle es an interessierten Kandidatinnen und Kandidaten, die in der Bevölkerung eine gewisse Akzeptanz geniessen, werde ein Einwohnerrat rasch seine Legitimation verlieren, sagte Hofmann.
«Die Einwohnerrätinnen und Einwohnerräte müssen sich ihrer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern bewusst sein, und sich auch als Vermittler der Kommunalpolitik verstehen und nicht bloss als Akteure auf dem von aussen kaum wahrnehmbaren parlamentarischen Parkett», betonte Hofmann weiter.
Seit 1966 gibts im Aargau Gemeindeparlamente
Zofingen hat 1966, also vor 50 Jahren, als eine der ersten Aargauer Gemeinden einen Einwohnerrat eingeführt. Ebenfalls zu den ersten Gemeinden gehörten Wohlen, Wettingen, Neuenhof und Brugg.
Der Wechsel von der Gemeindeversammlung zum Gemeindeparlament war eine Neuerung im kantonalen Gemeinderecht. Erst mit dem 1963 in Kraft gesetzten Gesetz über die ausserordentliche Gemeindeorganisation wurde es im Aargau möglich anstelle der Gemeindeversammlung ein Gemeindeparlament einzuführen.
Fünf Einwohnerräte wurden abgeschafft
Derzeit kennen zehn der 213 Aargauer Gemeinden einen Einwohnerrat. Es sind dies Aarau, Baden, Brugg, Buchs, Lenzburg, Obersiggenthal, Wettingen, Windisch, Wohlen und Zofingen.
Seit 1974 führte keine Gemeinde mehr einen Einwohnerrat ein – im Gegenteil: Spreitenbach, Suhr und Neuenhof schafften das Kommunalparlament wieder ab. 1989 gaben die Gemeinden Aarburg und Oftringen auf. In den letzten Jahren scheiterten in Oftringen und Rheinfelden politische Anläufe einen Einwohnerrat einzuführen.
Zu wenige Bürger an Gemeindeversammlungen
Es waren vor 50 Jahren nicht nur demokratische Überlegungen, die zur Einführung von Einwohnerräten führten, wie Regierungsrat Hofmann ist seiner Rede weiter ausführte. Auch ganz praktische Gründe bestanden: An den Gemeindeversammlungen nahmen nur wenig Einwohnerinnen und Einwohner teil.
Dies führte vor allem deshalb zu Problemen, weil das Gesetz für die Durchführung einer Gemeindeversammlung ein minimales Quorum der anwesenden Stimmberechtigten verlangte. Mehr als die Hälfte der stimmberechtigten Männer mussten damals anwesend sein, damit die Gemeindeversammlung überhaupt beschlussfähig war.
So konnte beispielsweise am 11. Juni 1965 die Gemeindeversammlung in Zofingen nicht durchgeführt werden: Statt 898 Zofinger, die für das Erreichen des Quorums notwendig gewesen wären, erschienen lediglich 820.
Mit dem Polizei-Lautsprecher auf Männersuche
In Aarau fuhr die Stadtpolizei jeweils kurz vor Beginn der Gemeindeversammlung mit einem Lautsprecherwagen durch die Gassen und Strassen. Die Stadtpolizei forderte die mündigen Männer auf in den Saalbau oder den Telliring zu kommen.
So sollte erreicht werden, dass die Versammlung abgehalten werden kann und die pflichtbewussten Männer nicht unverrichteter Dinge wieder gehen mussten. Es war dann allderdings vielerorts auch schwierig für so viele Leute überhaupt einen geeigneten Raum zu finden.