Baudirektor Stephan Attiger begann seine Amtszeit mit einem Knall: Im Oktober 2013 stoppte er den Baldeggtunnel. Dieses Projekt hatte er von seinem Vorgänger und Parteikollegen (FDP) Peter C. Beyeler geerbt.
Der Tunnel zwischen dem Siggenthal und der Autobahn A1 sollte das untere Aaretal an die Nationalstrasse anbinden und die Städte Brugg und Baden vom Durchgangsverkehr entlasten. Doch 1 Milliarde für den Bau bei nur zweifelhafter Entlastung für die Städte und gleichzeitiger Belastung für die Autobahn – das war dem neuen Baudirektor zu viel.
Kleine Schritte bevorzugt
Attiger machte aus dem Baldeggtunnel das Projekt «Ostaargauer Strassenentwicklung» (Oase). Kernpunkte neben einem ganzen Strauss von Massnahmen sind die Umfahrungen von Windisch und Baden. Das soll noch zwischen 150 und 550 Millionen Franken kosten.
Die «Oase» macht niemanden ganz glücklich, stösst aber auch niemanden völlig vor den Kopf. Dies scheint das Rezept zu sein, nach dem Stephan Attiger seine Projekte verfolgt. Lieber die kleinen Schritte als die grossen Würfe. Attiger will ausgewogen regieren und Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt gleichberechtigt behandeln.
«Grosse Schritte bergen immer die Gefahr des Scheiterns», so der Baudirektor im Gespräch mit dem Regionaljournal Aargau Solothurn von Radio SRF. Das Ziel dürfe natürlich einen grossen Schritt voraus sein. Auf dem Weg dorthin sei es aber besser, etappenweise vorzugehen.
Die wichtigsten Projekte:
- Mobilitäts-Strategie: Der motorisierte Verkehr soll nicht schneller werden, aber zuverlässiger. Die Zentren sollen erreichbar bleiben. Der öffentliche Verkehr soll auf den Achsen in die Kernstädte und auf den Verbindungen zwischen den Städten gefördert werden. Der Fuss- und Veloverkehr soll die Ortskerne entlasten.
- Revision des Baugesetzes: Die Zersiedelung soll gestoppt werden, die Gemeinden sollen sich nach innen entwickeln. Mittel dazu sind eine Mehrwertabgabe mit viel Spielraum für die Gemeinden. Diese können auch den Verkauf von privatem Bauland anordnen, wenn die Bebauung des Areals einem öffentlichen Interesse entspricht.
- Energiestrategie Aargau: Neue Energieformen sollen gefördert, konventionelle aber nicht verteufelt werden. Eines der wichtigsten Ziele ist die Versorgungssicherheit bei der Elektrizität.
- Endlager für radioaktiven Abfall im Aargau: Die Sicherheit sei hier das zentrale Kriterium, sagt Stephan Attiger. Der Entscheid, wo dieses Lager realisiert wird, dürfe nicht «politisch» gefällt werden. Dass die Nagra nur noch die Standorte Bözberg und Zürich Nordost näher untersuchen will, kann Attiger nicht nachvollziehen.
- Umweltschutz: Im Juni 2015 eröffnete Attiger die Aue «Chly Rhy» in Rietheim. Am Anfang von der Gemeinde skeptisch betrachtet, ist das Renaturierungsprojekt heute ein grosser Gewinn für Rietheim. Für Attiger ist der Aargauer Auenschutzpark entlang der grossen Flüsse nun fertig. Einzig die Pflege müsse sichergestellt sein.
Die Wahlchance ist gross bis hundertprozentig
Mit seiner Politik der kleinen Schritte fährt Stephan Attiger gut. Regelmässig bringt er seine Anliegen im Grossen Rat durch. Wenig kontrovers sind seine Verkehrsprojekte auch darum, weil er dazu keine Steuergelder ausgeben muss. Sein Geld nimmt er aus der gut gefüllten Strassenkasse. Unter Spardruck wie seine Regierungskollegen steht Attiger nicht.
In seinem Departement gilt er als umgänglicher Chef. Und er stellt klar: Ein Wechsel des Departements ist für ihn kein Thema. Die Prognose ist nicht gewagt: Stephan Attiger wird am 23. Oktober 2016 für eine weitere Amtszeit gewählt. Und zwar mit einem (sehr) guten Ergebnis schon im ersten Wahlgang.
Kurz-Interview auf der «Regierungsbank»
Sehen Sie hier ein Kurz-Interview mit Stephan Attiger, aufgezeichnet im Aarauer Grossratssaal auf den Sesseln der Regierungsräte:
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17.30 Uhr)