Seit mehr als vier Jahren ist der Weissenstein nur zu Fuss oder - sofern die Strasse geöffnet ist - mit dem Auto erreichbar. Ein Ende ist jedoch in Sicht: Im Herbst 2014 soll die neue Gondelbahn auf den Solothurner Hausberg eröffnet werden. Jahrelang war um diese Bahn gestritten worden, in der Region hatten sich zwei Lager gebildet: Pro Sesseli und pro Gondeli.
Noch ist der Friede auf dem Weissenstein nicht eingekehrt. Und der Weg dorthin ist steinig. Nach dem Streit um die Bahn zeichnet sich nämlich bereits die nächste Auseinandersetzung ab: Wie sollen Ausflügler auf den Berg gelockt werden?
«Es braucht Attraktionen für Familien»
Jürgen Hofer, Direktor von Solothurn Tourismus, sagt im Gespräch mit dem Regionaljournal Aargau Solothurn: «Die Attraktivität der neuen Bahn allein reicht auf die Dauer nicht. Das heisst, wir brauchen noch zusätzliche Attraktionen». Es brauche mehr Leute, damit die neue Bahn überhaupt rentabel betrieben werden könne.
Die Fachleute am Tourismusforum vergangenen Montag in Solothurn sahen es gleich: Mit einer schönen Landschaft allein ist es nicht getan. «Die Natur muss eine wichtige Rolle spielen», sagt Hofer. Aber: Der Berg müsse sich inszenieren, wenn er Erfolg haben wolle.
Bedeutet das, der Weissenstein wird zum Disneyland, zum Rummelplatz mit Riesentrampolin und Rodelbahn? Genau dies befürchten Kritiker, welche sich nach dem Tourismusforum zu Wort gemeldet haben. Und Pro Sesseli-Vertreter fühlen sich bestätigt: Exakt eine solche Attraktion, wie sie jetzt gesucht werde, wäre die historische Sesselbahn gewesen, monierten sie in der SMS-Spalte der Zeitung.
«Die Landschaft allein reicht nicht»
Geht es nach Tourismus-Direktor Jürgen Hofer, wird aus dem Weissenstein kein Disneyland: «Mein Traum vom Weissenstein ist ein attraktiver Familienberg, wo Familien spazieren und wandern können, wo es einen schönen Spielplatz hat, ein funktionierendes Restaurant, Feuerstellen zum Brätlen – also ein beschaulicher, aber ein schöner Berg». Hofer will auch wieder ein Schlittel-Angebot auf dem Berg, allenfalls eine Langlauf-Loipe. Und «zusätzliche Attraktionen, über die man noch sprechen muss».
Auch frühere Ideen schliesst Jürgen Hofer nicht aus: Tubing-Anlagen oder Rodelbahnen seien aber wahrscheinlich politisch nicht durchsetzbar, lösten zu viel Widerstand aus. «Die Rodelbahn ist sowieso nicht der Weisheit letzter Schluss, solche gibt es ja auch schon viele.» Hofer nennt als mögliche Alternative dafür ein Angebot an Trottinet-Abfahrten auf der gesperrten Strasse.
-
Bild 1 von 5Legende: «Der Berg ruft»... vielleicht noch zu wenig: Das touristische Potential am Solothurner Hausberg ist noch nicht ausgeschöpft, findet Tourismus-Mensch Jürgen Hofer. SRF
-
Bild 2 von 5Legende: Der «Solothurner Kalender 2014» erzählt Geschichten vom Weissenstein, wie er früher einmal war: Ab 1908 fanden auf dem Solothurner Hausberg auch Skirennen statt. Später gab es gar eine Abfahrt bis auf den Solothurner Amtshausplatz. Dem Sieger habe ein Paar Ski als Preis gewunken. SRF
-
Bild 3 von 5Legende: An winterlichen Sonntagen standen laut «Solothurner Kalender 2014» bis zu 40 Skilehrer im Einsatz. Auf der Sprungschanze (Bild) erreichte man über 30 Meter. Der Weissenstein war ein richtiges regionales Wintersport-Eldorado. SRF
-
Bild 4 von 5Legende: Die goldenen Tourismus-Zeiten sind vorbei. Heute stellt sich in Solothurn aber erneut die Frage: Wie viel Attraktionen braucht der Mensch, wie viel Attraktionen erträgt die Natur? Denn die neue Sesselbahn soll ja nicht nur neu sein, sondern auch genutzt. zvg
-
Bild 5 von 5Legende: Das Kurhaus Weissenstein hat inzwischen einen neuen Besitzer. Damit die Kurhaus-Wirte in Zukunft auch Gäste haben, braucht es aber auch rund um das Kurhaus gewisse Attraktionen, glauben die Tourismus-Experten. zvg
Eine weitere emotionale Debatte steht bevor
Das Problem: Der Kanton und sein Tourismus-Direktor können nicht einfach dem Berg ein Konzept überstülpen. Die Seilbahn gehört einer privaten AG, das Kurhaus ist im Besitz einer Bank. Beide haben ihre eigenen Ideen und verfolgen nicht immer die gleichen Interessen.
Gerade wenn es um Parkplätze und das künftige Verkehrsregime geht, rechnet Jürgen Hofer deshalb mit «härteren Auseinandersetzungen». Während es für die Seilbahn von Vorteil ist, wenn die Strasse auf den Berg gesperrt wird, möchte die Kurhaus-Besitzerin die Strasse möglichst viel offen halten, um etwa Gruppen mit Reisecars im Hotel begrüssen zu können.
Immerhin: Die Strassensperrung am Sonntag ist laut Jürgen Hofer «sakrosankt». «Aus meiner Optik hat die Kurhaus-Besitzerin keine Chance, diese Vorgaben zu ändern. Sie verwendet ihre Energie wahrscheinlich besser darauf, ihre Angebote auf diese Vorgabe auszurichten.»
Einigungen brauchen Zeit
Hofer weiss um die Emotionalität der Debatte. «Es ist unser Hausberg, der weckt Emotionen.» Aber man müsse die Sicht der Touristen einnehmen: «Es braucht heute etwas mehr als früher, wenn die Leute kommen sollen.»
Die Zeit drängt etwas für Jürgen Hofer: Die neue Seilbahn wird im Herbst eröffnet, aktuell laufen bereits Verhandlungen zum Beispiel für «Railaway»-Angebote der SBB. Jürgen Hofer bleibt aber realistisch: Die vielen verschiedenen Player mit ihren Interessen im Tourismus verhinderten rasche Lösungen. «Diesen Flohhaufen muss man etwas zusammen halten, das braucht immer etwas mehr Zeit.»