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Ein Hotelangestellter wäscht Teller
Legende: Im Kanton Genf hatte eine Allianz von linken Parteien und Gewerkschaften Mitte 2018 eine Volksinitiative zur Einführung eines minimalen Stundenlohns eingereicht. Keystone

Kanton Genf Klares Ja zum Mindestlohn im Kanton Genf

  • Das Genfer Stimmvolk nimmt eine Initiative an, die einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde verlangt.
  • Nach Auszählung der 67 Wahllokale haben 58.2 Prozent des Stimmvolks ein Ja eingelegt. 41.8 Prozent stimmten gegen den Vorstoss.
  • Die Stimmbeteiligung ist mit 54.2 Prozent hoch. Auch zu vier weiteren Vorlagen sagte das Genfer Stimmvolk Ja.

Volksinitiative «Keine Steuerverluste»

Kanton Genf: Volksinitiative «Keine Steuerverluste»

  • JA

    50.0%

    66'383 Stimmen

  • NEIN

    50.0%

    66'313 Stimmen

Mindestlohn-Initiative

Kanton Genf: Volksinitiative «23 Franken sind das Minimum

  • JA

    58.2%

    81'357 Stimmen

  • NEIN

    41.8%

    58'547 Stimmen

Defizitgarantie Spitex

Kanton Genf: Verfassungsänderung (garantierte Heimpflege für alle)

  • JA

    72.8%

    100'025 Stimmen

  • NEIN

    27.2%

    37'448 Stimmen

Abschaffung Präsidialdepartement

Kanton Genf: Verfassungsänderung (Staatsratspräsidium und Präsidialdepartement)

  • JA

    87.9%

    113'746 Stimmen

  • NEIN

    12.1%

    15'697 Stimmen

Kompensation aufgehobene Parkplätze

Kanton Genf: Umsetzung Eidgenössisches Strassenverkehrsgesetz

  • JA

    58.6%

    79'336 Stimmen

  • NEIN

    41.4%

    56'158 Stimmen

Die Gewerkschafts-Initiative «23 Franken ist das Minimum» verlangt in allen Branchen einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde. Dies entspricht einem Monatslohn von 4086 Franken. Insgesamt stimmten 25 Gemeinden für die Initiative, 20 dagegen.

In der Rekordzeit von nur dreieinhalb Wochen hatten die Initianten die notwendigen Unterschriften zusammen. Dieser schnelle Erfolg ist auch Ausdruck der Angst vor Lohndumping im Grenzkanton, wo viele Grenzgänger zu niedrigen Löhnen angestellt werden.

Genfer Stimmvolk sagt Ja zu vier weiteren Abstimmungsvorlagen

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Äusserst knapp stimmten die Genferinnen und Genfer der Initiative «Zéro pertes», also «Null Verluste» zu. Ihr Ziel ist es, den interkantonalen Steuerwettbewerb zu bekämpfen. Die Linke kritisiert, dass der Kanton Genf eine Milliarde Franken pro Jahr verliert, weil die Unternehmen steuerlich entlastet werden. Für die Initiative stimmten 50.03 Prozent, 49.97 Prozent dagegen.

Deutlich zugestimmt hat das Genfer Stimmvolk der Wiedereinführung des alljährlich rotierenden Regierungspräsidiums. Dieses war 2013 durch ein für die ganze Legislatur dauerndes Präsidialamt abgelöst worden. 87.9 Prozent des Stimmvolkes sprach sich für die Wiedereinführung aus, nur 12.1 Prozent dagegen.

Ein Ja gab es auch zur Gesetzesänderung, die das Prinzip der Kompensation von aufgehobenen Parkplätzen im öffentlichen Raum lockern will. Mit 58.6 Prozent der Stimmen wurde die Gesetzesänderung angenommen.

Auch die letzte Vorlage wurde deutlich angenommen. 72.8 Prozent der Genferinnen und Genfer stimmten für eine verfassungsmässig verankerte Defizitgarantie für die privatwirtschaftlich organisierte Genfer Einrichtung für die häusliche Pflege (Imad).

Ziel des Volksbegehrens ist, dass alle, die voll arbeiten, auch vom Lohn leben können. Den Gewerkschaften zufolge ist es jedoch für über 30'000 Genferinnen und Genfer nicht möglich, mit ihrem niederen Gehalt in Würde zu leben. Betroffen seien mehrheitlich Frauen, besonders in den Sektoren Hotellerie, Reinigung und Kosmetik.

Der Vorstoss habe auch zum Ziel, Schattenberufe aufzuwerten, die sich in der Gesundheitskrise als unerlässlich erwiesen haben, betonen die Initianten. Die Initiative sieht eine jährliche Überprüfung des Mindestlohnes anhand der Lebenshaltungskosten vor; entsprechend wird dieser, wenn nötig angepasst.

Inspiriert von Neuenburg und Jura

Der Staatsrat und eine Mehrheit des Grossen Rates lehnen die Initiative ab. Die Gegner argumentieren, Lohnverhandlungen gehörten in den Bereich der Sozialpartner. Zudem gebe es genügend Mechanismen im Arbeitsrecht, um Lohndumping zu verhindern.

Die Mehrheit der Genferinnen und Genfer sieht dies jedoch anders. Die Genfer Initiative «23 Franken sind ein Minimum» ist vom bereits bestehenden System in den Kantonen Neuenburg und Jura inspiriert.

Der Mindestlohn auf der politischen Agenda

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Der Mindestlohn war in den letzten Jahren immer wieder auf allen politischen Ebenen Thema. 2014 stimmte die Schweiz über die sogenannte Mindestlohn-Initiative ab. Der Versuch der Gewerkschaften und SP, schweizweit einen Mindestlohn einzuführen, scheiterte aber an der Urne deutlich mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 76.3 Prozent.

Als erster Kanton führte Neuenburg im Sommer 2017 einen Mindestlohn von 20 Franken ein. Kurz darauf im November zog der Kanton Jura nach. Eine entsprechende Initiative war zuvor an der Urne gutgeheissen worden. Auch im Kanton Tessin nahmen die Stimmberechtigten 2015 eine Volksinitiative an, wonach in einzelnen Branchen ein Mindestlohn eingeführt werden kann. Die Umsetzung ist allerdings durch Rekurse mehrerer Tessiner Unternehmen am Bundesgericht blockiert.

Debatten gab es seit 2018 im Thurgauer, Freiburger, Zürcher und Luzerner Kantonsparlament. Diese Vorstösse wurden klar verworfen. In Basel-Stadt wurde im Februar 2019 die Initiative «Kein Lohn unter 23.-» eingereicht. Die Vorlage gelangt nächstens mit einem Gegenvorschlag ins Kantonsparlament.

Auch auf kommunaler Ebene gibt es Vorstösse für die Einführung eines Mindestlohnes. So sind in der Deutschschweiz dieses Jahr in den Städten Zürich, Winterthur und Kloten entsprechende Initiativen gestartet worden. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Parteien und Hilfswerken fordert jeweils einen gesetzlichen Stundenlohn von mindestens 23 Franken.

(Anmerkung der Redaktion: diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)

Es ist bereits das dritte Mal, dass die Genferinnen und Genfer über einen Mindestlohn befinden. 2014 lehnte auch der Kanton Genf die sogenannte Mindestlohn-Initiative auf Bundesebene ab, 2011 versenkte die Mehrheit des Genfer Stimmvolks einen kantonalen Vorschlag.

Erst jetzt, neun Jahre später, hat der Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde im Kanton eine Chance. Offenbar hat die derzeitige Gesundheits- und Wirtschaftskrise die Situation verändert.

Abstimmungsstudio, 27.09.2020, 12 Uhr ; 

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