Es ist ein Wohnbauprojekt, wie es in dieser Dimension in der Schweiz nahezu einzigartig ist.
Auf dem Viererfeld – gut sieben Velominuten vom Berner Hauptbahnhof entfernt – will die Stadt eine Siedlung mit 1140 Wohnungen bauen.
3000 Menschen sollen dereinst dort wohnen, die Hälfte davon in Genossenschaftswohnungen.
Heute ist das Viererfeld – und das dazugehörige Mittelfeld – eine der letzten grossen Landreserven der Stadt. Bauern und Bäuerinnen pflügen dort ihre Äcker.
Das soll sich jetzt ändern: Bereits 2016 hat das Berner Stimmvolk mit 53 Prozent Ja-Stimmen entschieden, das Viererfeld einzuzonen. Sieben Jahre später kommt es nun am 12. März zur nächsten Volksabstimmung über das Mega-Projekt.
Wohnblöcke alleine machen noch keine Siedlung. Denn es braucht Strassen für die Erschliessung, Wege, Spielplätze et cetera. Mit der Überbauung Viererfeld will die Stadt zudem einen grossen Stadtpark auf der Wiese realisieren. Bernerinnen und Berner müssen deshalb am 12. März über mehrere Verpflichtungskredite in der Höhe von knapp 125 Millionen Franken entscheiden, die auch Reserven beinhalten.
In der Stadt Bern gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum, gerade für Familien.
Warum soll die Überbauung auf dem Viererfeld überhaupt nötig sein? «In der Stadt Bern gibt es zu wenig bezahlbaren Wohnraum, gerade für Familien», sagt der zuständige Gemeinderat Michael Aebersold (SP). Es mache zudem deutlich mehr Sinn, verdichteten Wohnraum in der Stadt zu bauen anstatt Einfamilienhäuser auf dem Land, was die Zersiedelung weiter befeuere.
Unheilige Allianz kämpft gegen die Viererfeld-Überbauung
Der Widerstand gegen die Überbauung des Viererfelds hält allerdings auch sieben Jahre nach der letzten Volksabstimmung an. Links- und Rechtsaussen bekämpfen das Projekt.
Der Schutz der Freiräume sei zentral: «Eine Stadt braucht Freiflächen, wo die Leute in die Ferne schauen und Drachen steigen lassen können», sagt Simone Machado von der Grün alternative Partei (GaP).
Eine Stadt braucht Freiflächen, wo die Leute in die Ferne schauen und Drachen steigen lassen können
Sie spannt sogar mit der SVP zusammen, um die Überbauung Viererfeld zu bodigen. «Ob der Central Park in New York oder der Hyde Park in London – Städte leben von grünen Flächen», sagt auch SVP-Stadtrat Alexander Feuz.
Darum dürfe es nicht sein, dass die letzte grosse Grünfläche der Stadt überbaut werde. «Man redet immer von Klimaschutz. Und jetzt will man wertvolle Fruchtfolgeflächen durch einen Siedlungsbrei ersetzen. Das halte ich für falsch.» Wenn das Viererfeld durchkomme, verliere die Natur, die Steuerzahlenden wie auch das Quartier.
Die FDP-Stadträtin Florence Schmid kämpft für die Überbauung. Und sieht den Umweltschutzaspekt diametral anders. «Wenn man Naturschutz betreiben will, muss man auf dem Viererfeld bauen. Denn wenn man die Zersiedelung verhindern will, sollte man gerade solche Grundstücke überbauen.»
Was bringt dem Umweltschutz wirklich etwas? Im Zentrum der Abstimmung stehen nicht die weiteren Kredite, sondern wieder einmal die grüne Wiese. Es ist bereits die dritte Viererfeld-Abstimmung seit 2004. Damals scheiterte Alexander Tschäppät – damaliger Baudirektor und späterer Stadtpräsident – mit seinem Prestigeprojekt an der Urne.
Bis die Überbauung Viererfeld steht, dauert es so oder so noch Jahre – selbst wenn es keine weiteren Verzögerungen geben sollte. Frühstens ab 2027 sollen die Bauarbeiten für die ersten 350 Wohnungen starten. Diese könnten ab 2029 bezogen werden.