Höhere Steuern für das reichste Prozent der Bevölkerung. Oder: Wer von seinem Vermögen lebt, soll mehr Steuern zahlen als jene, die jeden Tag aufstehen und arbeiten gehen.
Das ist die Forderung der 99-Prozent-Initiative der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten. Der Initiativtext lässt allerdings vieles offen: Etwa welche Einkommen genau höher besteuert werden sollen. Oder wie genau und an wen der Staat die Mehreinnahmen umverteilen soll.
Maurer: Mehr Umverteilung nicht nötig
Sodass Finanzminister Ueli Maurer zum Schluss gelangt: «Es hat so viele Unklarheiten, die das übliche Mass einer Volksinitiative übersteigen. Das ist so fast nicht zumutbar – ein Grund, um nein zu sagen.»
Es hat so viele Unklarheiten, die das übliche Mass einer Volksinitiative übersteigen.
Aus der Sicht des Bundesrats braucht es zudem gar nicht mehr Umverteilung: «Wir haben diese Umverteilung eigentlich schon jetzt – recht krass meiner Meinung nach in Bezug auf die Steuern.» Maurer erwähnt die Progression bei der Bundessteuer: Auf höhere Einkommen wird ein höherer Steuersatz fällig.
Gewerbeverband warnt
Und zum dritten schwäche die Initiative den Wirtschaftsstandort. Mit diesem Argument steigt heute auch ein Wirtschaftskomitee, angeführt vom Gewerbeverband, in den Abstimmungskampf.
Die Initiative erschwere zum Beispiel Firmenübergaben an die nächste Generation, so Gewerbeverbandsvizepräsidentin und FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger. Wer sein KMU verkaufe, brauche den Erlös oft, um seinen Lebensunterhalt im Ruhestand zu finanzieren – da liege keine Steuererhöhung drin: «Die Nachfolgeplanungen sind heute schon ein grosses Problem. Man findet nicht so schnell Nachfolger. Mit einer solchen Zusatzbelastung würde es sehr schwierig.»
Juso-Präsidentin sieht Vorteile – auch für KMU
Der Blick in andere Länder zeige, dass das sehr wohl gehe, erwidert Juso-Präsidentin Ronja Jansen: «Im Ausland, wo die meisten Länder schon eine Kapitalgewinnsteuer kennen, sind die Schreckensszenarien nie Realität geworden.»
Die 99-Prozent-Initative würde nach ihren Worten im Gegenteil gerade kleine Unternehmen unterstützen: «Denn sie würde dafür sorgen, dass die breite Bevölkerung wieder mehr Geld für Konsum habe, womit die Kaufkraft gestärkt würde.
Nichts anfangen kann die Juso-Präsidentin auch mit dem Argument des Finanzministers, wonach in der Schweiz bereits heute eine stattliche Summe umverteilt werde: «Dann weiss ich nicht, wo sich Herr Maurer die letzten Jahre versteckt hat. Die Zahl der armutsbetroffenen Menschen wächst, die Mühe haben ihre Mieten und Krankenkassenprämien zu bezahlen.»
Die Zahl der armutsbetroffenen Menschen wächst, die Mühe haben ihre Mieten und Krankenkassenprämien zu bezahlen.
Im Übrigen sei klar, was die Initiantinnen wollten, betont Jansen. Natürlich kläre ihr Text nicht jedes Detail, schliesslich gehe es um eine Änderung in der Bundesverfassung. Mit der konkreten Umsetzung würde sich wie immer das Parlament beschäftigen – im Fall einer Annahme der Initiative am 26. September.